Die 54-jährige Dominique* aus dem Bezirk Baden ist knapp 1,60 Meter gross und besass bis vor Kurzem noch eine G-Körbchengrösse. Mit ihrer Oberweite fühlte sie sich nicht mehr wohl, sodass sie ihren Oberkörper meist unter grossen Oberteilen versteckte. «Zu diesem Zeitpunkt konnte ich mir nicht mal mehr vorstellen, mich vor einem Mann auszuziehen. Ich war schon fast froh darüber, dass ich keinen Partner hatte.» Wollte sich Dominique schöne Unterwäsche zulegen, musste sie diese extra bestellen – ab Stange ist ein G-Körbchen nicht erhältlich. Dazu kommt: «Ein schönes Unterwäsche-Set kostet viel und ich musste normalerweise bis zu 300 Franken zahlen.»
Dominique litt wegen ihrer grossen Brust unter Rückenschmerzen, die sie mit starken Schmerzmitteln behandeln musste. Die 54-Jährige kam deshalb zum Schluss, dass sie ihre Brüste verkleinern möchte. Welche Hürden sie auf dem Weg zur Brustverkleinerung überwinden musste und was der Eingriff für sie bedeutet, hat sie uns erzählt.
Die Aargauerin hat ihren grossen Brustumfang nicht nur aus ästhetischen und medizinischen Gründen als störend empfunden, sondern auch aus praktischen. «Ich konnte keinen Sport mehr machen, weil mir meine Oberweite immer in die Quere kam. Selbst das Schlafen wurde für mich unangenehm.» Dass sich Frauen freiwillig ihre Brust extrem vergrössern lassen, hat sie dabei nie verstanden. «Meine grosse Brust stellte mit der Zeit aus vielen Gründen immer mehr ein Problem dar. Und das hat mich sehr belastet.» Sie suchte deshalb vor rund drei Jahren das Gespräch mit einer Kollegin, welche ihre Brust bereits hat verkleinern lassen und ihr auch zu dem Eingriff riet.
Doch immer wieder redete sich Dominique ein, dass eine Brustverkleinerung nicht nötig sei: «Ich kenne Frauen, die sich die Brüste wegen Brustkrebs entfernen lassen mussten. Da habe ich mir eingeredet, dass ich nicht das Recht habe, mir die Brüste verkleinern zu lassen – meine Brust ist schliesslich gesund.» Ihre Rückenschmerzen setzten ihr aber immer mehr zu und mit der Zeit musste sie auch die Dosierung ihrer Schmerzmittel erhöhen. «Ich habe beschlossen, dass es so nicht weitergehen kann.» Sie entschloss sich, zu handeln.
Ärztinnen rieten zur Brustverkleinerung
Vor knapp drei Jahren wurde Dominique bei einem Besuch bei ihrer Hausärztin aufgrund der starken Rückenschmerzen darauf angesprochen, ob sie sich vorstellen könne, ihre Brüste verkleinern zu lassen. «Sie sagte, dass das Gewicht der grossen Brüste nicht optimal für den Rücken, die Bandscheiben und die allgemeine Beweglichkeit sei», so Dominique. Für die Verkleinerung könne sie bei der Krankenkasse eine Kostengutschrift beantragen. «Es gab in meinem Leben eine Zeit, in der ich jede Menge Schmerzmittel zu mir genommen hatte. Ich litt zu dieser Zeit an einem leichten Bandscheibenvorfall und somit unter starken Rückenschmerzen», wie Dominique weiter erzählt. Schliesslich hat sich Dominique im Sommer 2022 an die Klinik BelCare in Aarau überweisen lassen, welche auch Brustverkleinerungen durchführt.
«Die Ärztin in der Klinik hat mich sehr gut beraten. Ich fühlte mich von ihr verstanden und dafür bin ich ihr sehr dankbar.» Dominique entschied sich dazu, sich dem Eingriff für rund 15'000 Franken zu unterziehen. Grundsätzlich lagen die Chancen, dass die Krankenkasse die Kosten übernimmt, gut, da der Eingriff aufgrund ihrer Rückenprobleme durchgeführt werden sollte. «Ich hatte sowohl von meiner Hausärztin als auch der beratenden Ärztin von BelCare eine Bestätigung, dass meine Brüste aus medizinischen Gründen verkleinert werden müssen», berichtet Dominique.
Weitere Untersuchungen waren nötig
Keine zwei Wochen später erhielt die 54-Jährige eine Absage: «Die Krankenkasse sagte, dass sie die Kosten nicht übernimmt.» Daraufhin suchte Dominique erneut die BelCare auf. «Die Ärztin gab mir den Rat, nicht sofort aufzugeben. Sie überwies mich deshalb an einen Wirbelsäulenspezialisten, welcher ein Röntgenbild sowie ein MRI durchführte.» Die Bilder bestätigten die Rückenprobleme. Es benötigte noch zwei weitere Bestätigungen sowie eine Bescheinigung des Wirbelsäulenspezialisten, bis die freudige Nachricht in Dominiques Briefkasten landete: «Die Krankenkasse übernimmt doch die Kosten.»
Bis die Krankenkasse die Kosten einer Brustreduktion übernimmt, ist es jedoch ein steiniger Weg. Dominique findet das recht fragwürdig: «Ich verstehe, dass die Krankenkasse die Kosten einer Brustverkleinerung nicht übernimmt, wenn sie aus ästhetischen Gründen durchgeführt werden soll. Jedoch handelte es sich bei mir um einen medizinischen Grund, welcher auch mehrfach bestätigt wurde.» Ohne die Kostenübernahme von rund 15'000 Franken hätte Dominique den Eingriff nicht durchführen können und müsste weiterhin Schmerztabletten zu sich nehmen, wie sie weiter berichtet.
Pro Brust wurden rund 750 Gramm entfernt
Rund zwei Stunden dauerte der Eingriff, bei dem Dominique fast zwei Kilogramm Brustgewebe entfernt wurden. «Mir war es wichtig, dass meine Brust noch natürlich aussah.» Die Aargauerin reduzierte ihren Brustumfang von einem G-Körbchen auf ein B-Körbchen. «Nach dem Eingriff bemerkte ich sofort, dass meine Haltung aufrechter wurde.» Auch ihre Rückenprobleme haben seither abgenommen, ganz schmerzfrei ist Dominique jedoch immer noch nicht. «Meine Lebensqualität hat aber enorm zugenommen seit dem Eingriff. Ich kann wieder Sport machen und ich fühle mich auch um einiges attraktiver», sagt sie. Und auch Kleider sowie Unterwäsche kann die 54-Jährige mittlerweile von der Stange kaufen.
Den Eingriff hat Dominique nicht als schmerzhaft empfunden. Bereits nach zwei Tagen konnte sie das Spital wieder verlassen. «Meine Narben sind gut verheilt und mittlerweile sind sie fast nicht mehr sichtbar.» Dass Dominique den Eingriff wagte, bereut sie auch fünf Monate später nicht. Eine Brustverkleinerung kann die 54-Jährige nur weiterempfehlen. «Ich bin sehr dankbar, dass ich Menschen um mich hatte, mit denen ich über mein Anliegen sprechen konnte und die mich unterstützten.» Sie sagt, es sei enorm wichtig, dass die Betroffenen gesehen werden und ihr Anliegen auch ernst genommen wird. Sie sollten keine Angst haben, weder vor den Schmerzen noch vor den Narben. «Man sollte auf sein eigenes Wohlergehen achten und nicht auf Vorurteile anderer», so die Aargauerin.
*Name geändert
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