Energiekrise

Schweiz profitiert von Gas-Notfallplan der EU

· Online seit 27.07.2022, 16:22 Uhr
Ab heute Mittwoch kommt nochmals weniger Gas in die Europäische Union. Sie hat jedoch einen Plan, um durch den Winter zu kommen – der auch der Schweiz hilft.
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Wenige Tage nach der vermeintlichen Entspannung verschärft sich die Gas-Situation erneut. Der Gasriese Gazprom will künftig 20 Prozent der möglichen Kapazität der Pipeline nutzen – bisher waren es 40 Prozent. Die EU hat am Dienstag ihren Gas-Notfallplan bestätigt. Auch wenn die Schweiz nicht zur EU gehört, wird sie davon profitieren können.

Genug Gas in EU ist gut für die Schweiz

Wird Gas in der EU gespart, ist die Wahrscheinlichkeit grösser, dass in der Schweiz im Winter genügend Gas vorhanden ist, wie der «Tagesanzeiger» schreibt. Wird es knapp, müssten Schweizer Firmen ihre Produktionsprozesse auf andere Energieträger umstellen –, sofern das überhaupt für sie möglich wäre. Wenn nicht, müssten gewisse Firmen ihre Produktion drosseln oder sogar einstellen.

Mit dieser erhöhten Einsparung wird es mit der Gasversorgung in der EU eng. Ziel ist es nun, mittels Einschränkungen bis November zu 80 Prozent die EU-Gasspeicher zu füllen. Derzeit sind diese zu fast 67 Prozent voll. Mit der fehlenden Lieferung von Nord Stream 1 wird dieser Plan jedoch schwierig umsetzbar sein.

Beznau wird nicht wie geplant abgestellt

Die Schweiz hat deshalb mit einer aussergewöhnlichen Massnahme reagiert, um die Versorgung für den Winter sicherzustellen. Eigentlich hätte das Atomkraftwerk Beznau abgestellt werden müssen, weil das Flusswasser der Aare zu warm ist, was wiederum für die Fische ein Problem ist – mit dem Wasser wird die Anlage gekühlt, deshalb kommt es leicht wärmer wieder in den Fluss.

Doch die Eidgenössische Elektrizitätskommission übersteuerte den Betriebsstopp in Beznau mit einem Veto. Die Versorgungssicherheit mit Strom sei sonst für den Winter gefährdet, argumentiert sie. Nun darf das Atomkraftwerk weiter mit einer maximalen Leistung von 50 Prozent betrieben werden.

Bis nächsten März den Gas-Konsum senken

Der Gas-Notfallplan wurde am Dienstag bei einem Sondertreffen der Energieminister in Brüssel offiziell bestätigt. Alle Mitgliedsstaaten sollen vom 1. August bis 31. März 2023 ihren Gas-Konsum um 15 Prozent senken – freiwillig. Wird das nicht ausreichend sein, gäbe es andere Möglichkeiten verbindlicher Einsparziele vorzugeben. Jedoch nur, wenn 15 der 27 EU-Ländern zustimmen würden.

Der Bund will auch vorsorgen und ist im Austausch mit Deutschland und Frankreich für ein Solidaritätsabkommen, damit im Falle einer Mangellage noch genügend Gas ins Land strömen würde.

Die Schweiz ist nicht Teil des EU-Plans und übernimmt deshalb auch die Einsparziele nicht. «Das Gesetz über die wirtschaftliche Landesversorgung lässt es nicht zu, eine Reduktion um 15 Prozent vor einer Mangellage einzuleiten», heisst es beim zuständigen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK.

Kein Gas, kein Strom

Dennoch wäre die Schweiz bei einem Gasengpass doppelt betroffen, nämlich auch beim Strom. In Teilen von Europa wird Strom mit Gas produziert. Ein Ausfall hätte auch Auswirkungen auf die Schweiz, da sie direkt ins europäische Stromnetzt eingebunden ist.

Die Schweiz nutzt auch Stauseen zur Stromproduktion, was am Ende des Winter allenfalls ein Problem werden könnte, da es derzeit wenige Schneereserven hat. Zudem wird wegen der Trockenheit weniger Strom aus Flusskraftwerken gewonnen. Also mehrere Entwicklungen, die ungünstig für die Energieversorgung sind.

Mehrere Länder wollen sich nicht einschränken

Ursprünglich wollte die EU-Kommission einen schärferen Plan durchbringen, aber Spanien wollte sich nicht einschränken lassen. Im Gegensatz zu anderen Ländern leben die Südländer nicht über ihre Verhältnisse in Sachen Energie, wie der «Tagi» die spanische Energieministerin Teresa Ribera zitiert.

Auch Portugal hat sich gegen stärkere Einschränkungen gewehrt, denn dort wird viel Strom mit Gas produziert. Beim Notfallplan gäbe es aber eine Ausnahmeregelungen, um Ländern wie Portugal entgegenzukommen, die zur Produktion von Strom auf Gas angewiesen sind.

(joe)

veröffentlicht: 27. Juli 2022 16:22
aktualisiert: 27. Juli 2022 16:22
Quelle: Today-Zentralredaktion

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