Marcel Tanner sagte im Interview mit der «Schweiz am Wochenende» zwar, dass es mit 2G eine höhere Sicherheit gebe, weil die Ansteckungsgefahr kleiner sei. 3G sei für die Gesellschaft aber besser – diese Regelung sei für die allermeisten «lebbar». Zudem berge auch das zweite G - für Genesen - eine Unsicherheit. Von den Genesenen seien nur die Geheilten solide geschützt - jene, die nur leicht infiziert waren und nicht oder kaum erkrankten, hingegen nicht.
Verhalten äusserte sich auch Milo Puhan, Direktor des Instituts für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention an der Universität Zürich. Theoretisch könne 2G einen Vorteil bieten. Es sei aber nicht leicht einzuschätzen, wie viel es bewirke, da es noch keine soliden wissenschaftlichen Daten dazu gebe. Diese brauche man aber, um zu wissen, ob diese Regelung durchsetzbar sei und ob es dann im Vergleich zu 3G Infektionen verhindere.
Falsche Massnahme im Fokus
Für Epidemiologe Marcel Salathé steht derzeit mit 2G gar die falsche Massnahme im Fokus. Die Diskussion über 2G lenke von «den wichtigen Faktoren» ab: mehr Erstimpfungen und rasche Booster-Impfung. Das seien die zentralen Elemente, die es erlauben würden, den Winter ohne eine Überlastung des Gesundheitssystems zu überstehen.
Einzig Richard Neher von der Uni Basel spricht sich in der Zeitung klar positiv gegenüber der Massnahme 2G aus. «Offenkundig» seien die aktuellen Corona-Massnahmen nicht ausreichend, um den Anstieg der Fallzahlen zu verhindern. Tests, die für das Zertifikat bei 3G nötig seien, würden sicherlich das Ansteckungsrisiko reduzieren, seien aber immer nur eine Momentaufnahme. Epidemiologisch mache 2G daher durchaus Sinn, vor allem in Kombination mit einer intensiven Impf-, Boost- und Test-Kampagne.
Österreich hat 2G bereits eingeführt
Andere Länder sind in dieser Frage etwas weiter. So hat die österreichische Regierung am Montag die 2G-Regel für Lokale, Tourismus, Veranstaltungen und Sport eingeführt. Auch etwa im deutschen Bundesland Sachsen gilt seit Montag in weiten Teilen des öffentlichen Lebens die 2G-Regel.
Eingeführt wird sie wohl auch in den Niederlanden, die in den kommenden drei Wochen in einen Teil-Lockdown gehen - möglicherweise für Bars und Festivals. Und in Lettland dürfen ab Montag nur noch geimpfte und genesene Abgeordnete an Parlamentssitzungen teilnehmen.
In der Schweiz hat diese Woche das grenzüberschreitende Skigebiet Samnaun GR/Ischgl (AU) die 2G-Regeln eingeführt - wegen den Vorgaben aus Österreich.