«Dogmatischer Glaube»

Sektenexperte will «Fenster zum Sonntag» aus Programm kippen

· Online seit 04.03.2023, 13:17 Uhr
Die SRF-Sendung «Fenster zum Sonntag» bietet laut Sektenexperte Hugo Stamm freikirchlichen Institutionen eine wöchentliche Plattform. Er bezeichnet die Sendung als «reine Missionsaktion christlicher Eiferer» und fordert, die Sendung zu streichen.
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Seit bald 30 Jahren flimmert die Sendung «Fenster zum Sonntag» jeden Samstagnachmittag über die Mattscheiben. Für Sektenexperte Hugo Stamm ist die Sendung des Schweizer Radio und Fernsehens (SRF) aber alles andere als heilig.

Jede und jeder dürfe glauben, was er wolle und das Gottesbild den eigenen Ängsten, Wünschen, Hoffnungen und Sehnsüchten anpassen, schreibt er in seinem Fazit zur Sendung im Sektenblog von «Watson». «Dass aber das Schweizer Fernsehen freikirchlichen Institutionen eine wöchentliche Plattform bietet, ist mehr als bedenklich. Denn das Fenster zum Sonntag ist eine reine Missionsaktion christlicher Eiferer», fährt er fort.

Dogmatischer Glaube entlarve sich

Stamm fordert, die Sendung aus dem Programm zu kippen oder den Freidenkern als Ausgleich gleich viel Sendezeit zu gewähren. Seine Kritik begründet er mit verschiedenen Beispielen aus der zuletzt ausgestrahlten Sendung.

Caroline Gafner hatte mehrere Schicksalsschläge. Als Kind wurde sie von einem Nierenkrebs befallen, als 18-Jährige baute sie einen Autounfall, bei dem ihr Bruder starb. In der Sendung «schalt» sie Gott laut Stamm: «Es kann doch nicht sein, dass du meinen 12-jährigen Bruder aus dem Leben reisst und ich damit weiterleben muss.»

Seiner Meinung nach entlarvt sich hier der dogmatische Glaube ein erstes Mal. Später habe Gafner Frieden mit dem traumatisierenden Ereignis geschlossen, berichtet Stamm. «Ich wusste, dass mein Bruder zuhause beim Vater im Himmel ist», zitiert er sie. Ihr Glaube und die «lebendige Beziehung zu Gott» habe ihr geholfen, «den Unfall zu überstehen».

Wunder würden suggeriert

Auch kritisiert Stamm, dass Gott in der Sendung lauter «Wunder bewirkt». Als Beispiel nennt er Gafners Aussagen, wie Gott habe ihr eine neue Gebärmutter geschenkt. Wegen einer Eileiterentzündung hatte sie damit gerechnet, keine Kinder bekommen zu können, wurde aber dennoch schwanger.

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Auf die Spitze treibt es die Sendung für Stamm, als Gafner der Überzeugung ist, dass Gott das Leben ihres Mannes, der im Spital lag, gerettet habe. Über ihrem Haus habe sich nach dem Gebet ein Regenbogen gebildet und ein Kauz habe sie angeschaut, berichtet Gafner. Diese Erscheinung interpretierte sie als Signal Gottes, dass er ihren Mann retten würde. Laut Stamm drängt sich aber auch hier die Frage auf, die sich Gläubige offenbar nicht stellen: «Wer hat das Leben von André Gafner nach dem geplatzten Blinddarm gerettet?» Die Antwort sei aus nüchterner Warte und logischer Konsequenz offensichtlich, steht für den Sektenexperten fest.

Freikirchen im Stiftungsrat

Die Today-Redaktion hat das SRF mit der Kritik konfrontiert. Judith Hardegger, Angebotsverantwortliche «Religion und Philosophie» von SRF, antwortet darauf: «Die Sendung ‹Fenster zum Sonntag› wird nicht von SRF produziert und wir haben keinen Einfluss auf die Inhalte. Das Magazin wird redaktionell von der Alphavision verantwortet.»

Die SRF-Medienstelle verweist zudem auf die «Vereinbarung über die Zusammenarbeit und Ausstrahlung der Sendung». Dieser zufolge ist die Stiftung für Christliches Fernsehen ideelle Trägerin der TV-Reihe. Diese habe sich zum Ziel gesetzt, Sendungen mit christlichen Konzepten zu initiieren und zu unterstützen. Im Stiftungsrat vertreten seien Freikirchen.ch (Dachverband Freikirchen und Gemeinschaften Schweiz), die SEA (Schweizerische Evangelische Allianz) sowie leitende Persönlichkeiten aus interkirchlichen Institutionen und christliche Geschäftsleute.

Im Jahr 2021 erreichte die TV-Reihe einen durchschnittlichen Marktanteil von 6,8 Prozent. Damit gehört sie laut der Alphavision AG zu den TV-Sendungen auf SRF 1, SRF zwei und SRF info, die gerne und regelmässig gesehen werden. «Sie entspricht einem breiten Bedürfnis nach Lebensberatung und Spiritualität und ist eine wichtige Ergänzung des TV-Angebots.»

veröffentlicht: 4. März 2023 13:17
aktualisiert: 4. März 2023 13:17
Quelle: ZüriToday

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