Die Mediziner des Inselspitals Bern um Beat Schnüriger, Leitender Arzt der Universitätsklinik für Viszerale Chirurgie und Medizin, werteten Daten des STR aus und fokussierten sich auf Schuss- und Stichwaffenverletzungen. Das Register weist Schwerverletzte aus, die lebend die Notfallaufnahme erreichen.
Die Frage, weshalb selbst beigebrachte Schussverletzungen eher tödlich enden als von anderen Personen verschuldete, sei nicht Gegenstand der Studie gewesen, hiess es auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Eine mögliche Erklärung wäre, dass es bei Eigenverletzungen seltener Streifschüsse gebe und die Verletzung infolgedessen schwerer sei.
Die Forschenden identifizierten während des dreijährigen Studienzeitraums (2017 bis 2019) 134 Patienten mit schweren Traumata, von denen 64 mit Schusswunden und 70 mit Stichwunden ins Spital eingeliefert wurden. Rund 83 Prozent der Patienten waren Männer, das Durchschnittsalter betrug 40,5 Jahre. Während die Sterblichkeitsrate der mit Schusswaffen verwundeten Patienten bei fünfzig Prozent lag, belief sich dieser Wert bei Stichwaffen auf neun Prozent.
Überlebenschance bei Kopfverletzungen gering
42 Patienten mit schweren Schussverletzungen hatten sich diese selbst beigebracht. Unter diesen Patienten lag die Sterblichkeit bei 66,7 Prozent, wie das Team im Fachmagazin «European Journal of Trauma and Emergency Surgery» berichtet. Wurde die Schussverletzung selbst am Kopf zugefügt, betrug die Mortalität sogar 78,6 Prozent. Demgegenüber überlebten vier von fünf Hospitalisierten, bei denen eine andere Person die Schusswunde verschuldet hatte.
Die Sterblichkeit durch Schusswaffen liege im Untersuchungszeitraum höher als in Deutschland (50 Prozent gegenüber 38 Prozent), wie das Inselspital am Donnerstag mitteilte. Die Studienautoren erklären sich dies damit, dass sich hierzulande mehr Personen schwere Schusswaffenverletzungen selbst zufügen. Inwieweit die Tatsache eine Rolle spiele, dass Schweizer Wehrpflichtige ihre Waffe zu Hause aufbewahren können, sei «schwierig einzuschätzen.»
Rettung dauert zu lange
Aus der Untersuchung ging weiter hervor, dass die Sterblichkeit bei schweren Schuss- und Stichwaffenverletzungen am Rumpf bei 15 Prozent lag. Die häufigste Todesursache in dieser Gruppe sei eine zu späte Kontrolle und Behandlung von inneren Blutungen, wie das Inselspital schrieb. Eine sofortige Aufnahme in ein Traumazentrum habe daher höchste Priorität.
Nur: Im Schnitt dauert es 57 Minuten vom Zeitpunkt des Eintreffens der Rettungsdienste, bis der Patient oder die Patientin in den Notfall eingeliefert wird. Im internationalen Vergleich sei das eine eher lange Zeit. In einer beschleunigen Rettungskette, insbesondere für Patienten mit isolierten Schuss- oder Stichverletzungen am Torso, orten die Forschenden denn auch Verbesserungspotential.
https://doi.org/10.1007/s00068-021-01822-w