Die Reaktionen auf die Schiessübung von Sanija Ameti sind heftig. Seit die Co-Präsidentin der Operation Libero auf Instagram Bilder postete, wie sie auf ein Bild von Maria und dem Jesuskind schoss, tobt der wütende Mob in den Kommentarspalten und den sozialen Medien. Auch im realen Leben ist es offenbar zu Drohungen gekommen. Ameti und ihre Familie stehen unter Polizeischutz. Gegenüber kath.ch schrieb sie: «Es geht mir nicht gut, und ich weiss nicht, wie lange ich das noch aushalten kann.»
Nun treten mehrere bekannte Persönlichkeiten der Hasswelle entgegen. Unter dem Titel «Das geht zu weit» lancieren sie eine Online-Petition für mehr Fairness im Umgang mit Ameti. Sie habe mit ihrem Instagram-Post viele Menschen verletzt, heisst es im Text. Sie sei aber für ihre Fehler gerade gestanden und habe sich öffentlich entschuldigt. Es stehe ausser Frage, dass sie entsprechende Konsequenzen tragen müsse, was sie bereits politisch als auch beruflich mache.
«Was darauf folgte, sind Verunglimpfungen, Gewaltaufrufe und teilweise rassistische und sexistische Hetze», heisst es weiter. Die Heftigkeit der Angriffe habe auch damit zu tun, dass Frauen für Fehler in der Öffentlichkeit nachweislich härter beurteilt und bestraft würden. Dass Ameti eine Migrationsgeschichte habe und einen ausländischen Namen trage, befeuere die Sache «allenfalls noch mehr».
Auch eine Politikerin, die einen Fehler mache, müsse fair behandelt werden. «Eine öffentliche Entschuldigung und Reue müssen in unserer Gesellschaft einen Wert haben», fordern die Unterzeichnenden. Der Umgang mit Ameti «ist unserem demokratischen Rechtsstaat und unserer Gemeinschaft nicht würdig.»
Politikerinnen und andere bekannte Persönlichkeiten
Den Appell unterzeichnet haben unter anderen die SP-Nationalrätinnen Anna Rosenwasser und Tamara Funiciello, die Grüne Nationalrätin Katharina Prelicz Huber, GLP-Nationalrat Beat Flach, die ehemalige BDP-Nationalrätin Rosmarie Quadranti sowie die Zürcher Kantonsrätin Sonja Rueff-Frenkel (FDP) und Dominik Waser, Gemeinderat der Stadt Zürich (Grüne).
Der Kreis der Unterstützer reicht aber weit über die Politik hinaus. So haben unter anderen auch die Slam-Poetin Lara Stoll, der Schauspieler und Autor Patrick Frey und der Komiker Patrick «Karpi» Karpiczenko den Appell unterschrieben. Ebenso die Ökonomin Dina Pomeranz, der Publizist Roger de Weck und der bekannte Anwalt Philip Stolkin.
Viele davon hatten sich bereits in den letzten Tagen ähnlich geäussert. Nun soll offensichtlich durch ein koordiniertes Vorgehen eine breite Brandmauer gegen die Hasswelle aufgebaut werden. Im Internet finden sich viele Kommentare, die justiziabel sein dürften. Unverhohlen wird Ameti gedroht. Artikel über ihre Verfehlung erschienen auch in russischen Medien und in fundamental christlichen Kreisen.
Inmitten dieses Strudels an grausig rassistischen Kommentaren finden sich Stimmen der Vernunft sogar an unvermuteter Stelle. Nils Fiechter, Präsident der Jungen SVP, die Ameti angezeigt hat, ruft zur (teilweisen) Besonnenheit auf. Es sei richtig, dass sie «politisch erledigt» sei, allerdings sei es bereits falsch, dass sie wegen dem Fehler ihren Job verloren habe, schreibt Fiechter auf «X». Nun sollen die Gerichte arbeiten: «Die Anwendung von #Selbstjustiz ist nicht angezeigt. Wir wollen keine #Hexenjagd.»
Dass #Ameti (@cybersandwich) politisch erledigt ist, ist richtig und gut. Dass sie ihren Job verliert, ist falsch und unfair.
— Nils Fiechter (@NilsFiechter) September 9, 2024
Lassen wir die #Justiz arbeiten und urteilen. Die Anwendung von #Selbstjustiz ist nicht angezeigt. Wir wollen keine #Hexenjagd. pic.twitter.com/FcJQXs2Hcz