«Unverantwortlich»

Truppenverschiebung in brütender Hitze – SP-Politikerin kritisiert Armee

04.10.2022, 15:24 Uhr
· Online seit 25.07.2022, 13:55 Uhr
Bei rund 35 Grad verschoben sich Rekruten kürzlich in Vollmontur zum Schiess- und Ausbildungsplatz. Alt Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer geht dies zu weit. Die Rekruten hätten hoch gestresst ausgesehen, sagt sie.
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Gnadenlos brannte die Sonne herunter – auch auf die Köpfe der Rekruten. Alt Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer bot sich letzten Dienstag ein beinahe unerträglicher Anblick. «Absolut unsinnig und gesundheitsgefährdend: Marsch von jungen Rekruten in Vollmontur bei mindestens 35 Grad in Chur», kritisierte sie auf Twitter. Dazu postete sie ein Foto der Truppe, die gerade auf der Rossbodenstrasse in Chur unterwegs war.

Viele User kommentierten den Post zynisch. «Wenn es heiss wird, gibt es plötzlich keinen Krieg mehr?», fragt ein User. Ein weiterer findet: «Bei der Landesverteidigung kann man sich das Wetter nicht aussuchen, höchstens sich darauf einstellen.» Ein anderer witzelt: «Es sollte ein Gesetz geben, dass Krieg nur im Frühjahr und Herbst stattfinden darf.»

«Kein Marsch, sondern Verschiebung»

Auf Anfrage der Today-Zentralredaktion teilt die Armee mit, dass es sich um Rekruten der Infanterieschule 12 in Chur gehandelt habe. «Wir wissen nicht, wie Frau Leutenegger Oberholzer zum Schluss kommt, es handle sich hier um einen ‹Marsch›», sagt Armeesprecher Mirco Baumann. Stattdessen handle es sich um eine kurze Verschiebung von der Kaserne Chur zum Schiess- und Ausbildungsplatz Rossboden. «Die Verschiebung dauerte zwischen 15 und 20 Minuten.» Dies stellte das Verteidigungsdepartement auch in einem Post zu Leutenegger Oberholzers Kritik auf Twitter klar.

Die ehemalige SP-Nationalrätin hält an ihrer Kritik fest. «Die Antworten der Armee befriedigen nicht», sagt Leutenegger Oberholzer zur Today-Zentralredaktion. «Die Soldaten waren in voller Montur im Eilschritt und sahen hoch gestresst aus. Unverantwortlich.»

Temperaturobergrenze gebe es nicht

Ob Marsch oder Verschiebung – bei hohen Temperaturen ist ein kühler Drink im Schatten nicht die Alternative. «Eine Temperaturobergrenze gibt es nicht», sagt Armeesprecher Mirco Bachmann.

Es bestünden jedoch klare Richtlinien, erlassen durch den Oberfeldarzt, wie die Kader mit hohen Temperaturen umzugehen hätten, sagt Bachmann. «Beispielsweise längere Märsche nur in den Morgen- oder Abendstunden durchzuführen, eine den Temperaturen angepasste Tagesprogrammgestaltung vorzunehmen, die Trinkmenge der Rekrutinnen und Rekruten zu kontrollieren in Form von Trinkplänen sowie das Tenue entsprechend anzupassen.»

Leichtere Uniformen?

Durch die Vorgaben des Oberfeldarztes werden laut Bachmann keine Rekrutinnen und Rekruten den Tag durch bei extremer Hitze einen Marsch absolvieren. Dazu verweist er auf ein Merkblatt für das Verhalten bei Hitze.

Leichtere Uniformen sind jedoch kein Thema. Die Schweizer Armee sei daran, die aktuelle Ausrüstung zu erneuern, sagt Bachmann. Das Projekt MBAS (Modulares Bekleidungs- und Ausrüstungssystem) umfasse die Beschaffung neuer Kampfbekleidung und Tragsysteme sowie ein Trinksystem und einen ballistischen Körperschutz.

veröffentlicht: 25. Juli 2022 13:55
aktualisiert: 4. Oktober 2022 15:24
Quelle: Today-Zentralredaktion

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