Für Astronomen beginnt der Frühling am 20. März, für Meteorologinnen bereits am 1. März. Die Natur scheint diese Daten aber herzlich wenig zu interessieren. Krokusse stehen mancherorts bereits in voller Blüte, die Schneeglöckchen zieren die Vorgärten und die Waldränder und die Blütenkätzchen der Haselbäume sind bereits da.
Natur eilt Astronomen voraus
Dass die Natur den Astronomen und Meteorologen voraus ist, ist ein neueres Phänomen. Die Pflanzen beginnen nämlich immer früher mit der Blüte, der offizielle Frühlingsbeginn ändert sich dadurch nicht.
Ein Beispiel ist die Hasel. Die Blüte des Haselstrauchs beginnt in der Schweiz im Schnitt 18 Tage früher als noch im Jahr 1953. Das zeigen Messwerte von Meteo Schweiz.
Im Aargau hat der Hasel dieses Jahr bereits zwischen dem 4. und dem 29. Januar zu blühen begonnen. Zum Vergleich: Im Jahr 1970 war es der 19. März, also erst zwei Monate später. Dass der Hasel heuer schon im Januar blühte, ist aber eigentlich nichts Aussergewöhnliches. Die Haselblüte beginnt immer öfter bereits im Januar.
Wie sich die Blüte des Hasels entwickelt hat, zeigen Daten aus dem Kanton Aargau, die ArgoviaToday ausgewertet hat.
Das gilt nicht nur für den Hasel. Die meisten Pflanzen in der Schweiz erwachen immer früher aus dem Winterschlaf. Die Apfelbäume blühen im Schnitt 14 Tage früher als vor 70 Jahren, Kirschbäume 12 Tage früher, Buschwindröschen zeigen ihre Blüte 10 Tage früher.
Immer früher Frühling
Deutlich wird diese Verfrühung auch durch den sogenannten Frühlingsindex. Anhand der Blüte des Hasels und neun anderer Pflanzen wird berechnet, an welchem Datum die Pflanzen in den Frühling starten. Verglichen mit dem langjährigen Durchschnitt ist der Frühling dieses Jahr früh dran. Damit ist er aber nicht allein: Seit über dreissig Jahren beginnt die Vegetationsentwicklung tendenziell früher als üblich.
Grund dafür ist der Klimawandel. Wie sich die Pflanzen entwickeln, hängt in erster Linie von den Temperaturen ab. Sobald es warm genug ist, erwachen die Pflanzen zum Leben - und warm wird es dank dem Klimawandel immer früher. Beim Hasel werden die erforderlichen Temperaturen heute im Schnitt rund zwei Wochen früher erreicht als noch vor 70 Jahren.
Chaos in der Natur
Auswirkungen hat die frühe Blüte nicht nur auf Heuschnupfen-Geplagte, die tendenziell immer früher und länger mit den Pollen zu kämpfen haben, sondern auch auf Pflanzen. Für diese bedeutet ein früh einsetzender Frühling Stress. Die Vegetationsphasen werden länger, die Ruhezeiten für Pflanzen kürzer. Zudem bringt ein früher Frühling ein steigendes Risiko für Frostschäden. Die Pflanzen treiben früher aus, sind dann aber, wenn der Frost doch noch einmal kommt, nicht genügend geschützt.
Schliesslich gerät so das ganze Ökosystem durcheinander. Die Prozesse in der Tier- und Pflanzenwelt greifen wie Zahnräder ineinander, jede kleine Entwicklung ist auf andere abgestimmt. Beginnt der Frühling früher, kann dieses Zusammenspiel aus dem Rhythmus geraten. Blüten blühen etwa bereits, bevor die Insekten, die sie bestäuben sollten, geschlüpft sind, Vögel fliegen aus dem Süden zurück, finden aber die richtige Nahrung nicht, und einige Tiere, die im Winter ein weisses Fell bekommen, sind, wenn der Schnee ausfällt, dadurch eher gefährdet als geschützt.