Affenpockem-Alarm

WHO alarmiert: Experten treffen sich erneut in Genf

· Online seit 21.07.2022, 07:27 Uhr
Die Corona-Pandemie ist noch nicht vorbei, da alarmiert die Häufung von Affenpocken-Nachweisen Gesundheitsbehörden. Droht neben Corona nun eine weitere «Notlage von internationaler Tragweite»? Nachfolgend die wichtigsten Fragen und Antworten.
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Die Affenpocken haben sich in kurzer Zeit rund um den Erdball ausgebreitet. In der Schweiz sind seit Mitte Mai 216 Fälle gemeldet worden. Ein von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) einberufener Notfall-Ausschuss trifft sich deshalb am Donnerstag zum zweiten Mal innerhalb von vier Wochen. Ist die Lage so gefährlich, dass er das Ausrufen einer «Notlage von internationaler Tragweite» empfehlen wird?

WARUM TRIFFT SICH DER AUSSCHUSS?

Die WHO will, dass ausgewiesene Experten auf dem Fachgebiet beurteilen, ob die öffentliche Gesundheit in grösserem Umfang bedroht ist. Die WHO ist über die Häufung der gemeldeten Fälle besorgt. Die US-Gesundheitsbehörde CDC zählt für dieses Jahr schon mehr als 14'000 Fälle in Ländern, in denen das Virus bislang praktisch unbekannt war.

Nur in Afrika gab es zuvor einige Länder, die immer mal Affenpocken-Ausbrüche meldeten. «Wir wollen nicht warten, bis die Situation ausser Kontrolle geraten ist», sagte WHO-Spezialist Ibrahima Socé Fall, als der Ausschuss im Juni das erste Mal einberufen wurde.

WAS BEDEUTET ES, WENN EINE NOTLAGE AUSGERUFEN WIRD?

Die Erklärung einer Notlage ist die höchste Alarmstufe, die die WHO zünden kann. Unmittelbare Auswirkungen hat das nicht. Vielmehr soll dies die Aufmerksamkeit der 194 Mitgliedsländer erhöhen. Der Expertenrat kann empfehlen, dass Kliniken und Praxen nach Fällen Ausschau halten und mit Aufklärung dafür sorgen sollen, dass sich möglichst wenig Menschen anstecken.

Der Rat begutachtet auch das Risiko einer internationalen Ausbreitung und Risiken für den Reiseverkehr. Welche Schlüsse Regierungen daraus ziehen, bleibt ihnen selbst überlassen.

MUSS DIE WELT SICH AUF EINE PANDEMIE WIE MIT DEM CORONAVIRUS EINSTELLEN?

Nein. Zwar hat die WHO für Sars-CoV-2 am 30. Januar 2020 eine «Notlage von internationaler Tragweite» erklärt. Aber die Krankheiten lassen sich überhaupt nicht vergleichen.

Affenpocken werden nach bisherigem Kenntnisstand hauptsächlich durch engen Körperkontakt von Mensch zu Mensch übertragen. Nach WHO-Angaben sind der weitaus grösste Teil der Betroffenen Männer bis 65 Jahre, die Sex mit Männern haben. Generell kann sich aber jeder infizieren, der engen körperlichen Kontakt mit Infizierten hat.

WAS SPRICHT FÜR UND WAS GEGEN DIE ERKLÄRUNG EINER GLOBALEN NOTLAGE?

Dagegen spricht: Die Infektionszahlen steigen nicht explosiv, weil die Übertragung nach jetzigem Kenntnisstand deutlich schwieriger ist als bei Corona. Bislang wurden praktisch keine schweren und tödlichen Krankheitsverläufe beobachtet. Es gibt auch bereits einen Impfstoff. Der wurde gegen Menschenpocken entwickelt, ist aber auch gegen Affenpocken wirksam.

Dafür spricht: Das Virus verhält sich anders als bislang bekannt war. Affenpocken sind eigentlich eine Krankheit bei Nagetieren in West- und Zentralafrika. Vereinzelt springen sie dort auf Affen und auf Menschen über. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist bei engem Kontakt möglich. Neu ist die Ausbreitung in Europa und anderswo.

Die WHO ist früher mehrfach kritisiert worden, weil sie zu spät auf Bedrohungen reagiert hat. Nach dem Ebola-Ausbruch in Westafrika 2013 hat sie erst im August 2014 mit Notfallmassnahmen reagiert. Mehr als 11'000 Menschen kamen ums Leben. Auch bei Corona wurde ihr das vorgeworfen. Problem war aber mehr, dass sich viele Länder trotz aller WHO-Warnungen im Januar 2020 zu lange fälschlicherweise gut gewappnet fühlten. Die WHO hat inzwischen mehr als 560 Millionen Corona-Infektionen und mehr als 6,3 Millionen Todesfälle registriert. Sie geht von einer hohen Dunkelziffer aus.

WIE IST DIE LAGE IN DER SCHWEIZ?

Der erste Fall wurde am 21. Mai aus dem Kanton Bern gemeldet. Bis am Mittwoch waren es laut dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) total 216 Fälle, rund ein Drittel davon trat im Kanton Zürich auf. Die bisher gemeldeten Fälle betrafen vor allem Männer, die Sex mit anderen Männern haben. Für die Krankheit gilt seit dieser Woche eine Meldepflicht. Die Behörden empfehlen Betroffenen, sich zu isolieren und einen Arzt zu kontaktieren. Eine Isolationspflicht gibt es bei Affenpocken derzeit aber nicht.

(joe/sda)

veröffentlicht: 21. Juli 2022 07:27
aktualisiert: 21. Juli 2022 07:27
Quelle: Today-Zentralredaktion

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