Unentschieden nach 90 Minuten: «Wenn man das Spiel gesehen hat, dann ist es schwierig damit zufrieden zu sein», sagte Joshua Kimmich am späten Samstagabend im ZDF Sportstudio. Recht hat er, dieser Kimmich. Bloss wird eben dieser Kimmich das Brügglifeld vermutlich nur vom Hörensagen her kennen – wenn überhaupt – und entsprechend hat er nicht über Jäckle, Thaler, Enzler und Co., sondern über das 1:1 der Bayern gegen Borussia Mönchengladbach sinniert.
Aber seine Aussage nach Spielschluss fasst irgendwie auch gut zusammen, was vielen Zuschauerinnen und Zuschauern nach 90 Minuten in Aarau durch den Kopf gegangen sein muss. Gegen dieses cheibe Stade Lausanne Ouchy (SLO) wäre eindeutig mehr möglich gewesen und nach dem Schlusspfiff war dann auch entsprechend häufig «Typisch Aarau!» zu hören.
«Typisch Aarau»
Bloss, was bedeutet dieses «Typisch Aarau» eigentlich? Wir kennen vielleicht noch die Begriffe «veryoungboysen» oder «verstrellern». Zweiten übrigens erfunden anno 2006, vom Blogger «Herr Natischer», als die Schweizer Nationalmannschaft an der WM ohne ein reguläres Gegentor, aber dafür dann im Elfmeterschiessen gegen die Ukraine ausgeschieden ist. Und ja, wir erinnern uns gerade spontan alle wieder an Strellers Zungenspiel beim entscheidenden Penalty.
Strellers Zunge:
Was das alles mit dem FC Aarau zu tun hat? Nun, es gibt unzählige Beispiele, bei denen unsere Jungs bis anhin erfolg- und punktelosen Mannschaften zu ihren ersten Zählern der Saison verholfen haben oder die Aarauer bereits fix durchgeplante Aufstiegsfeiern kurzfristig absagen mussten. Und «Typisch Aarau» hat es dann entsprechend auch nach 90 Minuten gegen das – nicht unbedingt übermässig überlegene – Stade Lausanne Ouchy geheissen.
To be honest, dieses Mal nicht so ganz aus der Luft gegriffen, denn immerhin haben die Aarauer zwei der drei Tore dem Elfmeterpunkt und der Kaltschnäuzigkeit von Shkelqim Vladi (Fussballgott!) zu verdanken. Dabei wäre es auch anders gegangen: Die Fans waren da, der lautstarke Support ebenso. Aber was die Verteidigung angeht, darf man bezüglich der drei Gegentore durchaus von einer gewissen Naivität reden und vorne wurden halt einmal mehr unzählige Chancen liegen gelassen. Der Ball flog gleich mehrfach Richtung KEBA. Wäre doch nur einer dieser Bälle im Netz gelandet, hätte man die drei Punkte ins Trockene gebracht und alle würden sich über den Schritt Richtung Tabellenspitze freuen. «Hätte», «wäre», «würde»…
«Wieder alles möglich»
Wir erinnern uns alle nur zu ungern an die letzte Saison, als ein Punkt, ja sogar ein Tor mehr gereicht hätte. Irgendwie fehlt am Schluss so (zu) oft eben dieser entscheidende Punkt, das ausschlaggebende Tor zum grossen Erfolg oder wie gestern zum wichtigen Heimspielsieg. «Gut gespielt und trotzdem verloren, typisch Aarau», eine der Floskeln die ich beim Verlassen des Brügglifelds in Richtung Bachstrasse nicht mehr hören möchte.
Aber da gut Ding bekanntlich Weile haben will – um bei diesen ollen Floskeln zu bleiben – haben wir gestern Abend nach 94 Minuten alle geklatscht und so die Mannschaft mit einem guten Gefühl abtreten lassen. Im Wissen, dass gegen Wil wieder alles möglich ist, wir die Ostschweizer vom Platz fegen und ihnen mindestens vier Buden einschenken können. So wie das die Bayern ja auch immer machen, wenn sie nicht gerade mit 64% Ballbesitz und 14 zu 2 Schüssen aufs Tor Unentschieden spielen. In diesem Sinne: Hopp Aarau, ganz ohne «hätte», «wäre» oder «könnte».
Und jetzt du: Was hat dir am Spiel besonders gefallen? Worüber regst du dich auch am Tag danach noch auf? Schreib es uns in die Kommentare!