Stephan Keller

«Soll muss Ende Saison stimmen»: Wie der FC Aarau die Challenge «Super League» sieht

20.09.2022, 20:54 Uhr
· Online seit 20.09.2022, 18:21 Uhr
Der FC Aarau begeisterte trotz Niederlage im Cup-Knüller gegen den FC Basel. Auch der Blick auf die Tabelle freut die FCA-Fans: Nur ein Punkt fehlt aktuell in der Challenge League auf den Leader FC Wil. Wie Trainer Stephan Keller die Mannschaft zusammenschweisste, wie es um den Zustand des verletzten Goalgetters Vladi steht und warum ihn die meiste Kritik nicht verärgert, erzählte er im Talk bei Adrian Remund.

Quelle: TeleM1

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Wir haben für dich die wichtigsten Fragen und Antworten aus dem Gespräch mit Stephan Keller zusammengefasst.

Wie hat der FCA die Cup-Niederlage gegen den FC Basel verdaut?

Keller: Es gibt immer eine Leistung und ein Resultat. Mit der Leistung dürfen wir zufrieden bis sehr zufreiden sein – mit dem Resultat nicht. Ich sage immer: Der FCA will jedes Spiel gewinnen, und das ist uns am Sonntag nicht gelungen.

Kann die Mannschaft aus dem starken Auftritt gegen den FCB Zuversicht in die Meisterschaft mitnehmen?

Wir haben nicht speziell Zuversicht nötig, wenn wir die letzten Matches anschauen. Aber es ist schon so: Wir haben einen Grossen des Schweizer Fussballs an den Rand einer Niederlage gebracht. Wir müssen jedoch täglich daran arbeiten, wir haben einen Anspruch an uns selber, was die Leistungen und die Art und Weise des Fussballspielens betrifft. In der Meisterschaft ist es wieder ein ganz anderes Brot: Dort sind wir die Favoriten, und die anderen wollen uns ein Bein stellen.

Shkelqim Vladi musste am Sonntag schon nach wenigen Minuten verletzt ausgewechselt werden. Wie geht es ihm?

Weitere Abklärungen sind noch im Gange, aber es sieht danach aus, dass unsere schlimmsten Befürchtungen nicht eintreffen und er in dieser Saison noch eine wichtige Rolle für uns wird spielen können.

Kurz nach Ende des Spiels überbrachte der FCA die traurige Nachricht, dass Nicolas Schindelholz seiner Krebserkrankung erlegen ist. Wann hast du davon erfahren und wie seid ihr damit umgegangen?

Ich habe es am Sonntag kurz vor dem Mittag erfahren. Sandro Burki hat es mit mitgeteilt. Obwohl wir wussten, dass das irgendwann eintreten wird, war es doch ein Schock. Ich hatte unregelmässig mit Nico Kontakt, zuletzt hatte ich am 21. Mai nach dem Match (der verpasste Aufstieg im Spiel gegen Vaduz, Anm. d. Red.) in den Armen. Es war keine einfache Situation am Sonntag. Nico hatte in meiner Zeit ein paar Matches gespielt hat und wurde diagnostiziert. Und gleichzeitig war ich mir sicher, so wie ich ihn gekannt habe: Er würde wollen, dass wir in diesem wichtigen Spiel Vollgas spielen, und das haben wir dann auch gemacht. Die Nachricht erst nach dem Spiel der Mannschaft zu überbringen, war im Nachhinein sehr gut. Nico war einer, der jedem das Beste gegönnt hat, so auch uns.

Wie hat die Mannschaft die Nachricht aufgenommen?

Die Cup-Niederlage war plötzlich meilenweit weg, als die Spieler davon erfahren haben. Mein herzlichstes Beileid seiner Familie und seinen Kindern, ich sende viel Lebensmut in ihre Richtung. Es ist sehr tragisch, wenn ein junger Mensch, ein junger Vater sein Leben lassen muss – egal, ob er Fussball gespielt hat oder nicht.

Fussballspielen ist jetzt wieder in der Meisterschaft angesagt, nächste Woche geht es gegen Yverdon. Ist der FCA nach dem guten Saisonstart auf dem Weg in die Super League?

Zehner-Meisterschaften sind sehr sehr enge Kisten, das weiss man. Dazu kommt: Praktisch alle Vereine in der Challenge League arbeiten mit den gleichen Mitteln. Man begegnet sich sehr oft auf Augenhöhe, mit kleinen Vorteilen, von denen wir wissen, dass wir sie haben. Klar: Die Situation ist momentan so, wie wir sie uns gewünscht haben – aber das Soll muss Ende Saison stimmen. Bis dahin gibt es nur eines: Weiterzuarbeiten.

Und doch ist es erstaunlich, wie gut man offenbar das Trauma vom Nicht-Aufstieg wegstecken konnte. Wie habt ihr das gemacht?

Das Schöne ist: Das ist Sport. Wir wissen, dass zum Erfolg auch Niederlagen gehören. Dazu kommt, dass wir an den Abgängen auch riesige Freude haben dürfen: Wir können mit ihnen aufzeigen, welche grossartige Arbeit in der Entwicklung dieser Spieler beim FCA von allen geleistet wurde. Und sie wirken sich finanziell sehr positiv aus. Und ich möchte ein Kompliment aussprechen an die ganze Mannschaft und speziell an alle neuen Spieler, die sofort mit angepackt haben. Ab dem Moment, in dem wir nach der Sommerpause wieder auf dem Rasen standen, haben wir stets den Tritt gefunden. Wir sind nicht endlos zu frieden, aber wir wissen, dass es ein guter, korrekter Start war. Jetzt gilt es, durchzupacken.

Wer aufsteigen will, steht unter Druck. Was ist dein Umgang damit?

Druck gibt es grundsätzlich in jedem Spiel. Ob der FCB oder ein anderer Gegner kommt. Du willst gewinnen, du willst den Anhängern des FC Aarau etwas bieten. Per Zufall ein Ziel zu erreichen, ist schön – aber ein Ziel zu erreichen, das man Anfang Jahr schon ausgegeben hat, ist etwas anders. Da will die jeder einen Knüppel zwischen die Beine werfen. Aus dieser Erfahrung vom letzten Jahr haben wir sicher auch etwas gelernt.

Nicht selten musst du dir auch Kritik anhören, etwa in Leserbriefen oder von Journalisten. Verärgert dich das manchmal?

Ich zitiere dazu gerne einen Schweizer DJ, der einmal gesagt hat: Leute, die Zeit haben, Leserbriefe zu schreiben, muss man nicht ernst nehmen. So einfach ist es natürlich nicht. Ein guter Freund hat kürzlich zu mir gesagt: ‹Lueg Steph, ihr habt ein Soll. Wenn ihr dieses Soll nicht erfüllt, musst du Kritik annehmen.› Das mache ich auch, ich bin offen für Kritik. Die Spiele sind einfach enge Kisten. Wir wissen aber auch, dass wir jeden Tag besser werden wollen. Kritik gehört dazu, und wenn sie vorbereitet ist, können wir sehr gut mit ihr leben.

Wann Stephan Keller auch einmal «Schrotkügelchen» zurückschiesst – und warum jene falsch liegen, die glauben, dass er niemals lache, erfährst du oben im Video.

veröffentlicht: 20. September 2022 18:21
aktualisiert: 20. September 2022 20:54
Quelle: Tele M1

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