Nina Christen ist eine Frau, die das Rampenlicht nicht scheut. Auf dem Podest wirft sie sich kurz in Pose, zeigt den Fotografen ihre Bronzemedaille. Dem Rummel, der nun auf sie niederprasselt, wird sie nicht ausweichen. Im Sieger-Interview ein paar Minuten nach der Medaillenübergabe wirkte sie souverän.
Nina Christen, können Sie Ihre Emotionen schon einordnen?
«Ich weiss noch nicht so richtig, wohin mich die Emotionen tragen. Auf dem Podest war das Gefühl, die Medaille gewonnen zu haben, real. Momentan ist es wieder nicht wirklich fassbar.»
Sie wirken auch gefasst, Freudentränen fliessen jedenfalls keine.
«Auf dem Podest war ich nahe dran. Aber jetzt kommt immer wieder etwas auf mich zu, das lenkt ab. Die Tränen werden wohl später noch fliessen.»
Thomas Bach, der höchste IOC-Präsident und höchste Sportfunktionär, hat Ihnen die Medaille auf dem Kissen präsentiert. Sie haben kurz mit ihm gesprochen. Was hat er gesagt?
«Er hat mir auf Deutsch gratuliert und gesagt, dass er sich für mich freut. Das fand ich toll. Das gibt mehr Nähe, als wenn einer Englisch spricht.»
Hier in der Schiessanlage ausserhalb von Tokio ist es ruhig. Einzig ein paar Funktionäre klatschen, schwingen eine Fahne oder stossen einen Jubelschrei aus. Das war wohl in Nidwalden anders, oder?
«Ich weiss es nicht. Bestimmt sassen sehr viele vor dem TV. Mein Handy jedenfalls überquillt.»
Ein fetter Treffer folgte dem anderen. Waren die zwei Schüsse, als es gegen die Norwegerin um Platz 4 oder Bronze ging, die zwei schwersten, die Sie in ihrer Karriere bislang abgeben mussten?
«Ich weiss nicht, ob es die zwei schwersten Schüsse meiner Karriere waren. Ich bin aber mega stolz, dass ich es geschafft habe, in dieser Situation zwei so tolle Treffer zu setzen. Der Druck war jedenfalls enorm gross. Ich habe schon vieles erlebt. Aber das war extrem.»
Just als Bronze in trockene Tücher gelegt war, folgte gleich ein schlechter Schuss. Zufall oder nicht?
«Es war nicht das Nachlassen der Konzentration, weil die Medaille nun fix war. Aber der Pulsschlag ging in diesem Moment derart hoch, dass die Laufmündung stärker schwankte. So wird es schwierig.»
Nun folgt im Dreistellungsmatch mit dem Kleinkaliber-Gewehr noch die eigentliche Spezialdisziplin. Bleibt genug Zeit zur Erholung in Anbetracht des Rummels, der nun folgen wird?
«Ich denke schon. Ich habe jetzt zwei Tage frei, dann folgen die Trainingstage, das sollte reichen. Wir leben hier den von wichtigen Wettkämpfen gewohnten Rhythmus.»