Noch nicht ganz zehn Monate ist es her, da lieferte sich Tadej Pogacar im entscheidenden Bergzeitfahren nach La Planche des Belles Filles mit Primoz Roglic ein Herzschlag-Finale um den Tour-Sieg. Mit einer Parforceleistung stürzte der Slowene seinen Landsmann am vorletzten Tag noch vom Thron. Auch in diesem Sommer deutete vieles auf einen spannenden Zweikampf hin, doch dazu wird es nicht kommen.
Während Roglic von Sturzverletzungen geplagt im Gesamtklassement bereits nach der ersten Tour-Woche weit abgeschlagen ist und sogar in Erwägung zieht, vorzeitig aus der Frankreich-Rundfahrt auszusteigen, ist Pogacar voll auf Kurs. Nach seinem Sieg am Mittwoch im Zeitfahren machte der 22-jährige Teamkollege von Marc Hirschi bei UAE Emirates auch in der ersten Alpenetappe südlich des Genfersees deutlich, über wen der Gesamtsieg in diesem Jahr führen wird.
Schon am zweitletzten Berg, gut 30 km vor dem Ziel, attackierte Pogacar und fuhr all seine Gegner in Grund und Boden. Seine grössten Rivalen, allen voran der frühere Giro-Sieger Richard Carapaz aus Ecuador, konnten dem entfesselten Slowenen nicht mehr folgen und büssten mehr als drei Minuten auf den neuen Gesamtführenden ein.
Teuns siegt fürs seinen verstorbenen Grossvater
Das Ziel der 151 km langen 8. Etappe in Le Grand-Bornand erreichte Pogacar schliesslich als Vierter, 49 Sekunden hinter Solosieger Dylan Teuns. Der Belgier hatte sich schon früh in eine Ausreissergruppe begeben und sich im letzten Anstieg, dem Col de la Colombière, von den letzten Begleitern abgesetzt. Für den 29-Jährige aus der Equipe Bahrain-Victorious war es bereits der zweite Streich an der Tour de France, nachdem er 2019 hinauf zur Planche des Belles Filles bereits die 6. Etappe für sich entschieden hatte. Seinen zweiten Etappenerfolg in einer Grand Tour widmete Teuns seinem kürzlich verstorbenen Grossvater.
Für Mathieu van der Poel endete erwartungsgemäss nach sechs Tagen die Triumphfahrt in Gelb. Den Niederländer verliessen in der von Regen geprägten, schwierigen ersten Alpenetappe mit drei Bergpreisen der ersten Kategorie gegen Ende die Kräfte. Bis ins Ziel büsste Van der Poel mehr als 20 Minuten auf Pogacar ein.
Pogacar alleine auf weiter Flur
In der Gesamtwertung liegt Pogacar nun 1:48 Minuten vor dem Belgier Wout van Aert. Der Kasache Alexej Luzenko weist als Gesamtdritter schon einen Rückstand von über viereinhalb Minuten auf. Dahinter folgen der Kolumbianer Rigoberto Uran (4:46 zurück), der Däne Jonas Vingegaard (5:00) und Carapaz (5:01).
Wie Roglic musste auch Geraint Thomas, der Tour-Sieger von 2018, seinen Sturzverletzungen erneut Tribut zollen. Der Waliser vom Team Ineos-Grenadiers verlor früh in der Etappe den Anschluss und muss aufgrund des grossen Rückstands endgültig alle Hoffnungen auf das Podium in Paris begraben.
Erste Bergankunft am Sonntag
Am Sonntag steht auf der zweiten Alpenetappe die erste Bergankunft mit Ziel in Tignes im Programm. Vor dem 21 km langen Schlussanstieg hinauf zur Ski-Station warten vier weitere anspruchsvolle Bergpreise, darunter rund 60 km vor dem Ziel mit dem Col du Pré einer der Hors-Catégorie. Am Montag folgt der erste Ruhetag, ehe es mit der 10. Etappe vom Olympiaort Albertville nach Valence weitergeht.