Die 35-jährige Wimbledon-Siegerin im Doppel hatte auf dem chinesischen Netzwerk Weibo Missbrauchsvorwürfe gegen den früheren chinesischen Vize-Regierungschef Zhang Gaoli geäussert. Ihr Eintrag wurde später gelöscht; Peng tauchte seither nicht mehr in der Öffentlichkeit auf.
In einem Interview mit dem TV-Sender CNN droht Simon nun mit harten Konsequenzen und sogar einem Rückzug der WTA Tour aus China. «Wir sind absolut bereit, unsere Aktivitäten in China zu beenden, mit allen Konsequenzen, die das mit sich bringt», versicherte Steve Simon. «Denn diese Vorwürfe sind wichtiger als das Geschäft.»
Die Echtheit eines Mail von Peng, in dem sie versichert, es gehe ihr gut und dass die Vorwürfe an Zhang falsch seien, zieht Simon in Frage und spricht von einer «Inszenierung». «Vielleicht wurde sie gezwungen, es zu schreiben, vielleicht hat es jemand anderer geschrieben, aber so lange wir nicht persönlich mit Peng Shuai sprechen können, bleiben wir sehr beunruhigt.»
Am Freitag veröffentlichte ein Journalist des staatlichen TV-Senders CGTN über seinen Twitter-Account Bilder der vermissten Tennisspielerin. Er schrieb, dass es sich dabei um Fotos handle, die Peng am gleichen Tag auf ihrem Profil im chinesischen Nachrichtendienst Wechat veröffentlicht habe. Auf den Bildern war Peng zu sehen, wie sie auf einem roten Teppich mit einer Katze spielt. Auf einem anderen Foto hielt sie eine Panda-Figur und lächelte in die Kamera. Wann und unter welchen Umständen die Bilder gemacht worden sind, liess sich zunächst nicht klären.
China ist in den letzten Jahren zu einem enorm wichtigen Markt für das Tennis, speziell bei den Frauen, geworden. Unter anderem unterschrieb man 2019 einen langjährigen Vertrag für die WTA Finals in Shenzhen mit einem Rekord-Preisgeld von 14 Millionen Dollar. In den letzten beiden Jahren konnte wegen der Pandemie allerdings nicht in China gespielt werden.
Auch die Politik verlangt Aufklärung
Am Freitag schalteten sich auch die UNO und das Weisse Haus in Washington in die Sache ein. Liz Throssell, Sprecherin des UNO-Hochkommissariats für Menschenrechte, forderte eine «vollkommen transparente Untersuchung». An einer Medienkonferenz in Genf fügte sie hinzu: «Wir betonen, dass es von grösster Wichtigkeit ist, dass wir erfahren, wo sie sich befindet und in welchem Zustand sie ist.»
Die amerikanische Regierung um Präsident Joe Biden zeigte sich «zutiefst besorgt» über das Verschwinden der Tennisspielerin. «Wir schliessen uns der Forderung an die Behörden der Volksrepublik China an, unabhängige und überprüfbare Beweise für ihren Verbleib und ihre Sicherheit vorzulegen», sagte die Sprecherin des Weissen Hauses, Jen Psaki.
Jeder Bericht über sexuelle Übergriffe gegen Frauen sollte untersucht werden, so Psaki. Man unterstütze Frauen darin, «sich zu äussern und Rechenschaft zu verlangen, ob hier oder im Rest der Welt». Die USA würden ausserdem weiterhin für die Redefreiheit eintreten. «Wir wissen, dass die Volksrepublik China null Toleranz für Kritik zeigt und diejenigen, die ihre Meinung äussern, zum Schweigen bringt. Und wir werden diese Praktiken weiterhin verurteilen.»
Das Internationale Olympische Komitee lehnte es hingegen ab, den Fall expliziter zu kommentieren: Die Erfahrung zeige, dass ruhige Diplomatie die beste Möglichkeit biete, in solchen Fragen eine Lösung zu finden, hiess es in einer Mail an die Nachrichtenagentur AP. In zweieinhalb Monaten werden die Olympischen Spiele in Peking eröffnet.