Die ungarische Hauptstadt, wo 1926 auch die Premiere erfolgte, kam auch 1958, 2006 und 2010 schon als Austragungsort von kontinentalen Titelkämpfen zum Zug. Ab Montag - gut zwei Monate vor dem geplanten Beginn der Olympischen Spiele in Tokio - greifen in Budapest die Athletinnen und Athleten im 50-m-Becken ein.
An den acht Wettkampftagen wird um 41 Medaillensätze gekämpft. Stärkste Nation der letzten Europameisterschaften im August 2018 in Glasgow war Russland mit zehn Gold- und insgesamt 26 Medaillen vor Gastgeber Grossbritannien (9/24).
Die Titelkämpfe in Schottland waren auch für Swiss Aquatics, damals noch unter Swiss Swimming firmierend, ein Grosserfolg. Nach mehr als zehn Jahren Unterbruch gab es erstmals wieder Schweizer EM-Medaillen zu bejubeln.
In Glasgow gewann zunächst Jérémy Desplanches Gold über 200 m Lagen, zwei Tage später sicherte sich Maria Ugolkova über die gleiche Distanz Bronze. Dies reichte im Medaillenspiegel zu Rang 9.
Die Schweizer Fakten vor den Europameisterschaften in Budapest:
Der Titelverteidiger
Jérémy Desplanches sorgte im EM-Final über 200 m Lagen am 6. August 2018 in Glasgow für nationale Schwimmgeschichte. Als erster männlicher Schwimmer aus der Schweiz gewann er an kontinentalen Meisterschaften Gold. Der 26-jährige Genfer bestätigte seinen Triumph ein Jahr später mit WM-Silber in Gwangju eindrücklich.
Für Desplanches, der seit Frühling 2014 in Nizza lebt und trainiert, ist Budapest eine Durchgangsstation auf dem Weg nach Tokio. Dort will er seine Karriere mit einer Olympia-Medaille krönen. «Was an der EM herauskommt, ist Jérémy aber keineswegs egal. Er reist nach Budapest, um so schnell wie möglich zu schwimmen. Damit ist er ganz klar ein Medaillen- und Titelaspirant», sagt Markus Buck, Leistungssportchef von Swiss Aquatics.
Die Medaillenanwärter
Neben Titelverteidiger Desplanches umfasst die 18-köpfige Schweizer Equipe weitere Top-3-Anwärter. So ist Maria Ugolkova, vor knapp drei Jahren mit Bronze über 200 m Lagen, nach dem auch trainings-technisch schwierigen Zwischenjahr 2020 wieder «bereit und wird definitiv um Medaillen schwimmen», so Bucks Erwartung.
Neu auf diesem Niveau ist der 19-jährige Tessiner Noè Ponti. Der «junge Wilde», wie ihn der Leistungssportchef betitelt, ist über 100 m Delfin mit seinem im Dezember geschwommenen Landesrekord weltweit immer noch Dritter in der Weltrangliste. Vor Monatsfrist an den Schweizer Meisterschaften in Uster bestätigte Ponti seinen Exploit von Rotterdam.
Die Finalkandidaten
Startberechtigt sind an Europameisterschaften pro Disziplin jeweils vier Schwimmer einer Nation. Allerdings dürfen maximal zwei in die Halbfinals der Top 16 einziehen. Nimmt man die bereinigte europäische Bestenliste zur Hand, so hat ein weiteres Swiss-Aquatics-Quintett gute bis sehr gute Chancen auf eine Finalteilnahme.
Es sind dies die Brustpezialisten Lisa Mamié und Yannick Käser, Crawler Antonio Djakovic sowie Nina Kost und Roman Mityukov in der Rücken-Lage. Für alle anderen - mit Ausnahme der EM-Debütantinnen Tamara Schaad und Julia Ullmann - gilt die Zielsetzung Halbfinal-Qualifikation in der persönlichen Haupt-Disziplin.
Die Staffeln
Die Paradestaffel von Swiss Aquatics ist diejenige über 4x200 m Crawl. Diese befindet sich auf Augenhöhe mit grossen Schwimmnationen wie Ungarn, Italien, Frankreich und Deutschland und kämpft im Idealfall um Medaillen. «Wir wollen die grossen Nationen angreifen und möglichst auch schlagen», fordert Markus Buck vom Quartett Djakovic, Mityukov, Ponti und Nils Liess.
Ebenso hat auch die Frauen-Staffel über 4x100 m Lagen den Quotenplatz für Tokio seit der WM 2019 in der Tasche. Gesetzt sind Ugolkova, Mamié und wohl auch Kost, einzig der vierte Platz ist noch offen. Der Schweizer Verband rechnet sich zudem Chancen aus, eine weitere Staffel nach Japan entsenden zu können. Im Vordergrund steht das Lagen-Quartett der Männer, das sich mit der zu erwartenden Topzeit noch ins Spiel um die letzten vier Quotenplätze bringen könnte. Potenzial dazu besitzt auch die Mixed-Lagenstaffel.
Limitenjagd für Tokio
Mit Desplanches, Djakovic, Mityukov, Ponti, Mamié und Ugolkova haben sechs Schweizer das Olympia-Ticket in der Tasche. Für Leistungssportchef Buck sind zudem Kost, Liess und Thierry Bollin Kandidaten, die erforderliche A-Limite (Olympic Qualifying Time) zu unterbieten. Budapest bietet dazu gemäss Swiss-Aquatics-Selektionskonzept die letzte Gelegenheit.