Strahlender Sonnenschein, eine ausgebuchte Show und ein begeistertes Publikum: Der Auftakt im «Zelt» in Aarau hätte nach 580 Tagen pandemiebedingter Pause nicht besser sein können. Zur Premiere am Samstag stand kein anderer als Comedy-Legende Kaya Yanar auf der Bühne. Der gebürtige Deutsche mit türkischer Herkunft schaffte seinen Durchbruch 2001 mit der Sat.1-Comedysendung «Was guckst du?!», danach folgten zahlreiche Live-Programme, für die Yanar mehrmals mit dem deutschen Comedy-Preis ausgezeichnet wurde.
Keine Masken, kein Abstandhalten und eine vollbesetzte Zuschauertribüne
Kaum verwunderlich, dass die Show innert kurzer Zeit restlos ausverkauft war. Knapp eine Stunde vor der Show ist die Schlange vor dem Zelt bereits an die hundert Meter lang, reicht fast bis zur Strasse. «Macht nichts», sagt ein älterer Mann in Cordhose, der sich gerade hinten eingereiht hat und zündet eine Zigarette an. «Mehr als ein Jahr habe ich darauf gewartet, den Yanar endlich live zu sehen, da machen die paar Minuten warten jetzt auch nichts mehr aus.»
Drinnen riecht es nach Popcorn und die Stimmung scheint bereits vor der Show ausgelassen. Dank Covid-Zertifikat kann die Vorstellung quasi unter normalen Umständen stattfinden: Also keine Masken, kein Abstandhalten und eine vollbesetzte Zuschauertribüne. «Ist man erst mal drin, kann man für ein paar Stunden vergessen, dass wir immer noch mitten in einer Pandemie stecken. Das tut einfach gut», sagt eine sichtlich gut gelaunte junge Frau und bestellt sich einen Drink an der Bar. «Das ist schon mein drittes Bier heute Abend», sagt sie noch, grinst, schnappt ihr Glas und verschwindet in der Menge.
Ein strenger Vater, eine hysterische Mutter und ein bekloppter Bruder
Kaya Yanar hat das Publikum von Anfang an auf seiner Seite. Kaum die Bühne betreten, tobt die Menge. In seinem neuen Bühnenprogramm «Der Fluch der Familie» rollt Yanar seine eigene Familiengeschichte auf, macht Witze über den strengen Vater, der ziemlich einen an der Waffel gehabt haben muss und die hysterische Mutter, die aus jeder Kleinigkeit ein riesiges Drama mache. Und dann noch der «bekloppte» Bruder, der sowohl optisch als auch charakterlich so ganz anders sei als er selbst. Über seine «alte» Familie kann Yanar heute lachen, mit dem eigenen Sohn (Yanar wurde vor zwei Jahren erstmals Vater) will er trotzdem alles anders machen als sein Vater damals. Gute-Nacht-Geschichten vorlesen zum Beispiel: «Das kannte ich vorher nicht. Bei uns ist einfach irgendwann das Licht ausgegangen. Schwupps und dunkel wars.»
Seine Frau, eine Schweizerin, habe auch ein paar Marotten, so sehr er sie auch liebe. Diese «verfluchten Hörbücher» zum Beispiel, die sie gerne zum Einschlafen höre. «Sie schläft immer an der genau gleichen Stelle ein und verpasst jedes Mal das Ende. Bei uns läuft deshalb jeden Abend die gleiche Geschichte.» Und dann diese Whatsapp-Romane, noch so eine Sache, die Yanar gewaltig auf den Zeiger geht. «Sie ist eine richtige Whatsapp-Maus, schreibt ständig Romane, selbst wenn ich neben ihr sitze.»
Nach der Vorstellung ist der Direktorin Catherine Steiner die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. «Wir sind wieder da!», sagt sie noch vor der ersten Interviewfrage und lacht zufrieden. Es sind auch die lachenden Gesichter der Gäste und der Künstler, die Steiner in den letzten 580 Tagen vermisst hat. «Man spürt richtig, dass die Leute wieder raus wollen, Spass haben und einfach gut drauf sind.» Diese positive Energie mache auch die letzten, ziemlich stressigen Wochen wieder wett. «Die Vorbereitungen waren durch Corona schon aufwendiger, wir hatten wenig Planungssicherheit und einige der Fahrer sind uns kurzfristig abgesprungen. Aber am Ende ist trotzdem alles wunderbar aufgegangen.» Wir unterhalten uns noch kurz, als Catherine Steiner auf die Uhr blickt und aufschrickt. «Ich muss los.» Sie verabschiedet sich und hastet zum Zelt zurück, wo sich bereits die ersten Gäste für die Abendvorstellung einreihen.
(noë)