Man kann sich ganz einfach in die bequemen Sessel des Kinoraums im Haus für Gegenwart des Kunstmuseums Basel fallen lassen und sich von den Bildern der brodelnden Landschaften aus dem Yellowstone-Park und der Sonnenfinsternis betören lassen. Oder aber man versucht gemäss den erzählten Geschichtsfragmenten auch hinter diese Bilder zu blicken, um in die Zwischenräume der Mythologie zu gelangen, denen sich Tacita Dean anzunähern versucht.
Sicherlich will man dem Museum nicht widersprechen, wenn es die 2018 entstandene Arbeit als komplex und rätselhaft bezeichnet. Man könnte nun noch das Attribut ästhetisch einnehmend hinzufügen, aber so etwas schreibt die Fachwelt Gegenwartskunstwerken nur ungern zu.
Der Titel der analogen und unter anderem mit Mehrfachbelichtungen raffiniert bearbeiteten Doppelfilmprojektion «Antigone» verweist auf die antike Mythologie rund um das Königreich Theben und den unglückseligen König Ödipus, dessen ebenso vom Schicksal gebeutelten Tochter Antigone ist.
Sogar die Sonne verliert ihr Licht
Tacita Dean zeichnet nun aber nicht die brutalen Schlüsselszenen nach - nicht den Vatermord des Ödipus, nicht dessen Selbstblendung, nicht den Suizid der eingemauerten Antigone. Sinnbildlich umkreist wird der in der Trilogie nicht sonderlich ausführlich beschriebene Irrweg des blinden und verbannten Königs an Seite seiner Tochter durch die naturgewaltige Wildnis, in der schliesslich sogar die Sonne ihr Licht verliert.
Rund um dieses zentrale Werk zeigt das Museum noch weitere Arbeiten von Tacita Dean, welche die Vielseitigkeit und das stupende Können der 1965 geborenen britischen Künstlerin zeigen. Neben weiteren analogen Filmarbeiten ist das unter anderem eine 15-teilige Serie mit ungeheuer filigran gezeichneten Wolkenbildern mit dem Titel «LA Magic Hour», die von 2019 bis 2021 entstanden ist.
Die Ausstellung «Tacita Dean - Antigone» im Haus für Gegenwartskunst des Kunstmuseums Basel dauert bis 9. Januar 2022.