Sozialhilfe

Aargau will Observation von verdächtigen Sozialhilfebezügern regeln

· Online seit 30.06.2022, 11:17 Uhr
Im Kanton Aargau sollen Personen bei Verdacht auf Missbrauch von Sozialhilfe observiert werden können. Der Regierungsrat hat die entsprechende und vom Parlament geforderte Gesetzesänderung vorgelegt. Die für die Sozialhilfe zuständigen Gemeinden sollen auch für die Observation verantwortlich sein.
Anzeige

Die Observation im Sozialhilfebereich soll nicht weitergehen als die Bestimmungen gemäss Polizeirecht und Strafprozessordnung, wie aus der am Donnerstag dem Grossen Rat zugestellten Botschaft des Regierungsrats hervorgeht.

Bild- und Tonaufzeichnungen sollen erlaubt sein. Der Standort einer überwachten Person soll von einem allgemein zugänglichen Ort aus frei einsehbar sein. Die Observation soll höchsten 30 Tage innerhalb von sechs Monaten dauern können. Danach ist die Bewilligung einer unabhängigen Instanz, zum Beispiel des Kantonalen Sozialdiensts (KSD), notwendig.

Gemeinderat entscheidet

Zuständig für die Anordnung der Überwachung soll die Sozialbehörde und damit der Gemeinderat oder eine von ihm eingesetzte Sozialkommission sein. Detektiv spielen sollen geeignete Mitarbeitende der Gemeinde oder von der Gemeinde beauftragte Drittpersonen. Der Regierungsrat will die persönlichen und fachlichen Anforderungen an diese Personen festlegen können.

Die vorgeschlagenen Gesetzesbestimmungen orientierten sich an den bundesrechtlichen Regelungen über die Observation im Sozialversicherungs- und Strafprozessrecht, hält der Regierungsrat fest. Man orientiere sich zudem an den rechtlichen Grundlagen zur Observation im Sozialhilferecht anderer Kantone und berücksichtige die Vorgaben des kantonalen Polizei- und Datenschutzrechts.

Der Regierungsrat erfüllt mit der Teilrevision des Sozialhilfe- und Präventionsgesetzes zwei Motionen der bürgerlichen Mehrheit des Parlamentes. Derzeit besteht im Aargau keine entsprechende Gesetzesgrundlage - und trotzdem gab es Überwachungen.

Einige Aargauer Sozialhilfebehörden hatten zur Missbrauchsbekämpfung «Sozialdetektive» eingesetzt. Gemäss Auskunft des Verbands Aargauer Gemeindesozialdienste hatte es sich um ungefähr sieben Fälle pro Jahr gehandelt.

Gesetz auf Bundesebene

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) kam in einem Urteil im Oktober 2016 zum Schluss, dass für eine Observation durch einen Privatdetektiv, die von einer privaten Unfallversicherung angeordnet wurde, keine ausreichende Grundlage im Unfallversicherungsrecht des Bundes vorhanden war.

Auf Bundesebene bestehen im Sozialversicherungsrecht seit Oktober 2019 die notwendigen Rechtsgrundlagen für Observationen bei Verdacht auf Versicherungsbetrug.

veröffentlicht: 30. Juni 2022 11:17
aktualisiert: 30. Juni 2022 11:17
Quelle: sda

Anzeige
Anzeige
argoviatoday@chmedia.ch