Geheimdienst-Skandal

«Charismatischer Waffenliebhaber» soll hinter Ukraine-Leaks stecken

· Online seit 13.04.2023, 08:10 Uhr
Ein «junger, charismatischer Waffenliebhaber» namens «OG» soll hinter den Leaks stecken, die seit einigen Tagen die internationale Politik in Atem halten. Dies will die «Washington Post» herausgefunden haben. Der Mann habe die Geheimdokumente bei seiner Arbeit auf einer Militärbasis kopiert.
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Der junge Mann mit dem Spitznamen «OG» sei Teil einer privaten Gruppe von etwa zwei Dutzend Waffen-Fans gewesen, die sich während des Corona-Lockdowns auf der Online-Plattform Discord formiert hatten. Im vergangenen Jahr habe OG damit begonnen, die Regierungs-Dokumente dort zu posten.

Geheime Dokumente zuhause abgeschrieben

Über Monate habe OG Hunderte als geheim markierte Dateien und Transkripte gepostet, schreibt die Zeitung unter Berufung auf einen Informanten aus der Gruppe. Der Mann habe behauptet, er habe die Unterlagen bei seiner Arbeit auf einer unbekannten Militärbasis mit nach Hause genommen.

OG habe einige der von Hand verfassten Dokumente abgeschrieben und die darin verwendete Geheimdienstsprache für die Mitglieder der Gruppe übersetzt. Beispielsweise erklärte er die Klassifikation als «NOFORN». Sie bedeutet, dass die Informationen im Dokument so sensibel seien, dass sie nicht an ausländische Staatsangehörige weitergegeben werden dürften.

Auch Ausländer in der Gruppe lasen mit

Die transkribierten Dokumente umfassten laut Bericht eine Reihe sensibler Themen, die nur speziell ausgewählte Personen einsehen durften. Darunter waren streng geheime Berichte über den Aufenthaltsort und die Bewegungen hochrangiger Politiker und taktische Updates über militärische Kräfte. Dazu kamen geopolitische Analysen und Einblicke in die Bemühungen ausländischer Regierungen, sich in Wahlen einzumischen.

OG soll der Gruppe erzählt haben, dass er sich stundenlang abgemüht habe, die geheimen Dokumente abzuschreiben, um sie mit seinen Kameraden auf dem von ihm kontrollierten Discord-Server zu teilen. Er wollte «uns auf dem Laufenden halten», wird das Mitglied der Gruppe zitiert. In der Gruppe seien auch Bürger aus anderen Staaten angemeldet gewesen – unter anderem aus Russland und der Ukraine.

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Dokumente kursieren mittlerweile im Internet

Der Abfluss brisanter US-Informationen zum Krieg in der Ukraine setzt als einer der grössten Geheimdienst-Skandale nicht nur Washington unter Druck. Klarkommen mit diesem Störfeuer müssen auch die beiden Kriegsparteien Kiew und Moskau vor der erwarteten ukrainischen Frühjahrsoffensive.

Seit Tagen aber kommen nun immer neue Details aus den Dutzenden Dokumenten ans Licht. Sie wurden über grosse soziale Netzwerke wie Twitter und Telegram verbreitet, wo sie inzwischen gelöscht oder beseitigt werden. Aber vor allem US-Medien ordnen die Informationen weiter in ein grösseres Bild – und schlachten den neuerlichen Geheimdienst-Skandal um undichte Stellen aus. Neben der Ukraine sind auch andere Länder von dem Leck betroffen.

Einiges erinnert an die Veröffentlichungen von Wikileaks zum Krieg im Irak und Afghanistan oder an die Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden, der 2013 das Ausmass der weltweiten Überwachungs- und Spionagepraktiken der USA öffentlich machte und mittlerweile in Russland lebt.

(mit Material der sda)

veröffentlicht: 13. April 2023 08:10
aktualisiert: 13. April 2023 08:10
Quelle: Today-Zentralredaktion

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