Reisetipp

Die gefährlichste Brücke in Venedig

11.01.2022, 14:21 Uhr
· Online seit 09.01.2022, 10:43 Uhr
Nachdem Tausende Touristen und Einheimische in der Lagunenstadt auf der «Ponte della Costituzione» ausgerutscht sind, wird der Belag ausgewechselt.
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Brücken gehören zu den Wahrzeichen von Venedig. Mehr als 400 Exemplare zählt die Lagunenstadt. Die meisten von ihnen sind Hunderte Jahre alt und dürfen, wie im Falle der Rialto-Brücke, auf keinem Erinnerungsfoto fehlen. Doch nicht alle Erinnerungen, welche sich Touristen auf den Brücken holen, bleiben in positiver Erinnerung. Vor allem eine nicht. Und die hat ausgerechnet ein Halbschweizer entworfen.

Die Brücke «Ponte della Costituzione» ist ein mehrere Millionen Euro teures Werk aus Glas und Stahl, das 2008 eröffnet wurde. Die sanft geschwungene Brücke über den Canal Grande in der Nähe des Bahnhofs von Venedig sollte den Aufbruch der Stadt in die Moderne symbolisieren. Sie ist aber bei den Einheimischen eher als Bühne für Stürze und gefährliche Ausrutscher bekannt geworden. Entworfen hat sie der spanisch-schweizerische Stararchitekt Santiago Calatrava bereits 1999. Als sie neun Jahre später eröffnet wurde, gab es nach Protesten über Verzögerungen und steigende Kosten schnell Beschwerden über Stürze.

Glas wird durch Stein ersetzt

Die Stadt stellte Schilder auf, welche die Fussgänger davor warnten, den rutschigen Glasabschnitt der Brücke zu betreten. Aber auch das nützte wenig. Innert 10 Jahren nach Eröffnung haben sich mehr als 5000 Touristinnen und Bürger verletzt, weil sie auf den nassen oder vereisten Platten ausgerutscht waren. Schadenersatzforderungen von mehreren zehntausend Euro waren die Folge. Zu viel für Venedig.

Nach jahrelangen Protesten und Problemen hat die Stadt nun beschlossen, das Glas zu ersetzen. Zum Einsatz kommen soll Trachyt. Das vulkanische Gestein ist undurchsichtig, aber dafür extrem rutschfest. Die Stadt hat für den Austausch und andere Wartungsarbeiten 500'000 Euro eingeplant.

«Defekte Platten wurden durch unzureichendes Glas ersetzt»

Die «Ponte della Costituzione» wird aber nicht nur kritisiert. Seit ihrer Eröffnung im Jahr 2008 wird sie von der Stadt und vielen Nutzern auch gelobt. In Umfragen und bei Architektur-Experten wird sie auch immer wieder zu den schönsten Brücken der Welt gezählt. Doch was hat zu den rutschigen Platten geführt?

Dazu schreibt uns das Büro von Santiago Calavatras in Zürich: «Der originale Glasbelag der Brücke besass eine rutschfeste Oberfläche, die allen örtlichen Vorschriften entsprach, getestet wurde und von allen Kontrollstellen der Verwaltung geprüft und für geeignet befunden wurde.» Bei der alltäglichen Nutzung der Brücke seien über die Jahre einige der Glasscheiben des ursprünglichen Belags durch Vandalismus oder durch den Gebrauch von schweren Koffern oder Gepäckwagen beschädigt worden. Gerade letzteres sei eigentlich verboten auf der Brücke. «Diese Scheiben wurden leider durch unzureichendes Glas ersetzt, welches nicht die Rutschfestigkeit des ursprünglichen Belags aufwies», schreibt das Büro weiter.

Auch der Umbau werde von den Architekten unterstützt: «Die Trachyt-Pflasterplatten, welche als Ersatz für die Glasplatten zum Einsatz kommen, stehen im Einklang mit der Materialität der Brücke und des umgebenden Stadtbilds und erhalten deren Ästhetik und Funktionalität.»

Über Venedigs Brücken mit geschlossenen Augen

Wenn du dein Glück also noch versuchen möchtest, heil über den «Ponte della Costituzione» zu kommen, musst du dich sputen. Der Umbauplan muss zwar noch von der Architekturbehörde der Stadt genehmigt werden, aber die Stadtverwaltung ist entschlossen, weiterzumachen.

Der Fall ist einmalig in der Geschichte Venedigs. Die meisten der 400 Brücken könne man nämlich sogar problemlos überqueren, während man ein Buch lese oder sogar die Augen geschlossen habe, behaupten Einheimische. Und sie seien auch noch schöner. Was meinst du?

veröffentlicht: 9. Januar 2022 10:43
aktualisiert: 11. Januar 2022 14:21
Quelle: ArgoviaToday

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