Für zahlreiche Menschenrechtsverstösse seit der Vergabe der Fussball-WM im Jahr 2010 müssten mindestens 440 Millionen US-Dollar (394 Franken) bereitgestellt werden, heisst es in einem am Donnerstag veröffentlichten, offenen Brief mehrerer Organisationen an Fifa-Präsident Gianni Infantino.
Diese Summe entspreche den Preisgeldern bei der Endrunde Ende des Jahres. Unterzeichnet wurde der Brief unter anderem von den Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und Human Rights Watch sowie der Fan-Organisation Football Supporters Europe (FSE).
Massive Verletzungen der Menschenrechte
Die massiven Verletzungen der Rechte von Migranten in Katar seien vor der WM-Vergabe bekannt gewesen, sagte Amnesty-Nahost-Expertin Katja Müller-Fahlbusch. Die FIFA habe davor die Augen verschlossen und so unbestreitbar zu Menschenrechtsverstössen beigetragen.
Der Weltverband verwies in einer Stellungnahme unter anderem darauf, dass zahlreiche Arbeiter durch die Turnierorganisatoren bereits Entscheidungen erhalten hätten.
Bei dem geforderten Millionen-Betrag handle es sich um ein Minimum, hiess es in der Mitteilung der Organisationen. Die Gesamtsumme «für nicht gezahlte Löhne, erpresserische Vermittlungsgebühren und die Entschädigung für Verletzungen und Todesfälle könnte jedoch weitaus höher ausfallen». Sie solle «in einem transparenten und glaubwürdigen Prozess ermittelt» werden.
Katar verweist auf Reformen
Auch Katar sei zu Entschädigungen für Menschenrechtsverletzungen verpflichtet, schreiben die Verfasser weiter. Sie erkennen an, dass das Emirat am Golf die Rechte von Migranten durch Arbeitsreformen gestärkt habe. Allerdings seien die Reformen für viele Arbeiter zu spät gekommen und nur teilweise durchgesetzt worden.
Das reiche Emirat wird immer wieder wegen systematischen Menschenrechtsverstössen und Ausbeutung von Migranten kritisiert. Die Regierung weist die Vorwürfe zurück und führt Reformen zugunsten der ausländischen Arbeiter an.
Zwei Millionen Arbeitsmigrantinnen und -migranten
So sei das Kafala-System abgebaut worden. Dieses bindet ausländische Arbeiter fest an einen einheimischen Bürgen wie einen Arbeitgeber und öffnet Ausbeutung oft Tür und Tor.
In Katar leben laut Amnesty rund zwei Millionen Arbeitsmigranten. Sie kommen vor allem aus armen Ländern wie Bangladesch, Nepal oder Indien. Ein Grossteil von ihnen arbeitet auf Baustellen. Viele davon stehen in Verbindung mit der Weltmeisterschaft. Die Fussball-WM beginnt am 21. November und geht bis zum 18. Dezember.
(sda/sib)