Nach dem ukrainischen Rückzug aus Lissitschansk hat sich der Schwerpunkt der Kämpfe ins Nachbargebiet Donezk verlagert. An der Grenze zur Region Luhansk seien bei Bilohoriwka und Werchnjokamjanske erfolgreich russische Angriffe abgewehrt worden, meldete der ukrainische Generalstab am Montagabend über Facebook mit. Auch das Wärmekraftwerk westlich des schon von prorussischen Separatisten eroberten Switlodarsk sei umkämpft.
Allerdings hätten russische Truppen nördlich von Slowjansk bei Masaniwka Gebietsgewinne erzielt. Zudem sollen ukrainische Positionen an weiten Teilen der Front mit Artillerie, Raketenwerfern und Mörsern beschossen worden sein. Die russische Luftwaffe habe zudem Stellungen ukrainischer Einheiten bombardiert.
Russlands hat das Gebiet Luhansk erobern können
Selenskyjs Berater Olexij Arestowytsch zeigte sich zuversichtlich, dass ukrainische Truppen nach der Aufgabe von Lyssytschansk die Verteidigungslinien an anderen Frontabschnitten stabilisieren können. Insgesamt könne man jedoch sagen, dass Russlands Militär das Gebiet Luhansk erobert habe, räumte er bei Youtube ein.
Russland hatte am Sonntag nach wochenlangen Kämpfen erklärt, die Stadt Lissitschansk eingenommen zu haben. Die Ukraine bestätigte am Abend, dass sich ihre dortigen Truppen zurückziehen. Lissitschansk war bisher die letzte grosse ukrainische Bastion in der Region Luhansk, die zusammen mit Donezk den Donbass bildet.
Diplomatie in Lugano
Bei der Konferenz für die Ukraine, welche am Montag in Lugano begonnen hat, will die ukrainische Regierung Vorstellungen zum Wiederaufbau des Landes vorlegen. Der ukrainische Regierungschef Denys Schmyhal schätzte dort am Montag, dass hierfür mindestens knapp 720 Milliarden Franken notwendig seien. Dazu hat sich der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz am Montag zu Beratungen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in Paris getroffen.
Wichtigstes Thema war die deutsch-französische Abstimmung über das weitere Vorgehen im Ukraine-Krieg und die weitere Unterstützung für das Land, wie der Élyséepalast am Montagabend mitteilte. In dem Zusammenhang ging es demnach auch um Schritte zur europäischen Unabhängigkeit in den Bereichen Energie, Verteidigung und strategische Rohstoffe. Scholz und Macron waren im vergangenen Monat gemeinsam zu einem Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew gewesen.
Blockade des Getreideexports
Des Weiteren beklagte die Ukraine, dass die Häfen im Schwarzen Meer durch die russische Kriegsmarine blockiert werden. Beide Länder gehören zu den grössten Weizenexporteuren. Zuletzt warnten die Vereinten Nationen schon vor der grössten Hungersnot seit Jahrzehnten.
Ausserdem müsse sich die Ukraine jetzt schon auf den Winter vorbereiten, unter anderem um die Energieversorgung zu sichern, sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Grosse Teile der Wirtschaft seien von Kämpfen und russischen Angriffen lahmgelegt worden. Tausende Unternehmen stünden still. Zugleich müsse es beim Wiederaufbau um mehr gehen als nur darum, zerstörte Wände wieder hochzuziehen.
Wie viele Kriegsopfer gibt es?
Eine genaue Anzahl der bisherigen Todesopfer – sowohl auf russischer als auch ukrainischer Seite – gibt es nicht. Die Angaben und die Schätzungen gehen dabei weit auseinander. Etwa 10'000 ukrainische Soldaten sollen nach Angaben eines Selenskyjs-Beraters seit der russischen Invasion im Februar bis Mitte Juni getötet worden sein. Dazu sollen laut der Ukraine mittlerweile 35'000 russische Armeeangehörige ihr Leben gelassen haben. Westliche Experten zweifeln diese Zahl jedoch an.
1️⃣3️⃣0️⃣ days of full-scale #Russia’s war on #Ukraine.
— MFA of Ukraine 🇺🇦 (@MFA_Ukraine) July 3, 2022
Information on #Russian invasion.
Losses of the Russian armed forces in Ukraine, July 3. pic.twitter.com/fCWICFWUm7
Gemäss dem UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte sind bislang 4731 zivile Opfer registriert worden, davon 330 Kindern. Allerdings gehe man davon aus, dass die tatsächlichen Zahlen der zivilen Opfer viel höher sind. Ukrainische Polizeiangaben berichten von mehr als 12'000 getötete Zivilistinnen und Zivilsten.
Latest update on civilian casualties in context of Russia’s armed attack against #Ukraine: 4,731 killed, incl 330 children; 5,900 injured, incl 489 children, mostly caused by shelling & airstrikes. Actual toll is much higher. More ➡️ https://t.co/Y8trt6DSmk pic.twitter.com/dCAOWO1iaQ
— UNHumanRightsUkraine (@UNHumanRightsUA) June 27, 2022
Wie viele sind bisher aus der Ukraine geflüchtet?
Mehr als acht Millionen Menschen haben seit dem russischen Angriff auf die Ukraine das Land verlassen. Das berichtet das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR). Innerhalb der Ukraine sind mehrere Millionen Menschen auf der Flucht.
In der Schweiz beantragten bis Montag 58'464 Geflüchtete aus der Ukraine den Schutzstatus S, wie das Staatssekretariat für Migration (SEM) auf Twitter bekannt gab. Darüber hinaus haben 56'599 Personen bisher diesen Status erhalten.
Montag, 4. Juli - die aktuellen Zahlen zur ukrainischen Flüchtlingssituation in der Schweiz:
— SEM (@SEMIGRATION) July 4, 2022
58 464 Status-S-Anträge, davon haben 56 599 Personen den S-Status erhalten. #UkraineInfoCH pic.twitter.com/c6w48agcr7
(sib)