Dort hatten über Tage Tausende Menschen auf ihrem Weg in die EU trotz kühler Temperaturen ausgeharrt.
Die Menschen, die zuvor direkt an der Grenze zu Polen kampiert hatten, sind mittlerweile in einem Logistikzentrum in der Nähe untergebracht. Sie klagen über Hunger und mangelnde Hygiene. Es gebe nicht ausreichend zu essen und kaum eine Möglichkeit, sich zu waschen, sagen sie. Einige sprechen offen über ihre Angst, deportiert zu werden, wie ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur vor Ort berichtete. Sie hoffen, dass die EU doch noch die Grenzen öffnet.
An der belarussisch-polnischen Grenze sitzen Tausende Migranten fest und hoffen auf eine Weiterreise in die EU. Viele dieser Menschen, die vor allem nach Deutschland wollen, stammen aus dem Irak, aus Syrien oder Afghanistan. Europa beschuldigt den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko, die Menschen in organisierter Form aus Krisenregionen dorthin gedrängt zu haben, um Druck zu machen und sich für Sanktionen der EU zu rächen.
Immer wieder haben Migranten versucht, die von polnischen Sicherheitskräften stark gesicherte Grenze zu überwinden - das gelang auch in einigen Fällen. Polens Grenzschutz zufolge haben belarussische Lastwagen am Donnerstagabend auf der Höhe des Ortes Dubicze Cerkiewne Migranten an die Grenze gebracht. Die rund 500 Menschen hätten mit Steinen und Ästen geworfen, belarussische Uniformierte hätten die Polen mit Laserstrahlen geblendet.
Die britische Regierung will indes weitere Soldaten nach Polen zur Unterstützung schicken, ebenso der Baltenstaat Estland, der 100 Soldaten entsenden will, wie beide Länder mitteilten.
Das Vorgehen der polnischen Sicherheitskräfte gegen Migranten kritisierten Lukaschenko und Russlands Staatschef Wladimir Putin bei einem Telefonat, wie der Kreml mitteilte. Zugleich appellierte Moskau an die EU, zur Lösung der Krise mit dem belarussischen Machthaber zu reden. Die EU erkennt Lukaschenko wegen des Vorgehens der Sicherheitskräfte gegen friedliche Demonstranten nach der Präsidentenwahl in der Ex-Sowjetrepublik von August 2020 aber nicht mehr als Präsidenten an.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sprach in dieser Woche gleich zweimal mit Lukaschenko - Kritik kam etwa von den Regierungen Polens und Litauens sowie den Grünen. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte dazu: Angesichts der verzweifelten Lage der Migranten sei es sinnvoll, auch «mit denen zu sprechen, die in Minsk die Möglichkeiten haben, etwas an der Situation zu verändern». Es sei keineswegs ein «Akt der Legitimierung, wenn es diese Gespräche gegeben hat», sondern vielmehr der Versuch, eine schwierige humanitäre Situation zu verbessern, betonte er.
Die schwedische Aussenministerin Ann Linde, die derzeit den Vorsitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) inne hat, sagte bei einem Besuch in Moskau: «Wir können feststellen, dass es in den letzten 24 Stunden Veränderungen gegeben hat, seit Minsk die Migranten in ein hangarähnliches Gebäude verlegt hat.»