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Klimastreikende verteidigen Klima-Kleber nach Bali-Flug

Streiken und fliegen

Klimastreikende verteidigen Klima-Kleber nach Bali-Flug

02.02.2023, 21:23 Uhr
· Online seit 02.02.2023, 19:25 Uhr
Zwei deutsche Klimaaktivisten reisten nach Bali – mit dem Flugzeug. Zuvor hatten sie sich noch auf die Strasse geklebt und «Öl sparen statt Bohren» gefordert. Schweizer Klimastreik-Organisationen nehmen die Aktivisten in Schutz.
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Wasser predigen und Wein trinken – so oder ähnlich verhielten sich zwei deutsche Klimaaktivisten des Aktionsbündnisses «Letzte Generation» in den Augen vieler Menschen. Noch im September klebten sich Luisa S. und ihr Freund Yannik S. auf eine Bundesstrasse bei Stuttgart für mehr Klimaschutz fest. «Öl sparen statt Bohren» stand auf den Transparenten der Aktivistinnen und Aktivisten. Privat setzten die beiden Aktivisten, die ein Paar sind, diese Forderung aber alles andere als um.

Die Blockade zog ein Gerichtsverfahren nach sich. Am Mittwoch wurde bekannt, warum Luisa S. und Yannick S. der Verhandlung im November fernblieben: Sie waren mit dem Flugzeug in die Ferien gereist. Dabei sollen sie zuerst nach Thailand und von dort weiter nach Bali geflogen sein, wie «Bild» berichtete.

«Sowas von scheinheilig»

Das widersprüchliche Verhalten stösst auf viel Kritik und Spott. Auf Twitter ist etwa von Scheinheiligkeit die Rede.

Ein Sprecher des Aktionsbündnisses rechtfertigte das gewählte Verkehrsmittel damit, dass das Paar den Flug als Privatleute gebucht habe und nicht als Klimaschützer. Dies müsse man auseinanderhalten. Tags darauf twitterte «Die Letzte Generation», dass sich die Aktivisten aktuell für mehrere Monate in Thailand befänden. Nach Bali seien sie nicht geflogen. 

«Ich bin entsetzt»

Auch in der Schweiz klebten sich Klimaaktivistinnen und -aktivisten auf Strassen fest. Wer nun damit rechnet, dass diese das Paar mit Schimpf und Schande überschütten, täuscht sich. Die zivile Widerstandsgruppe «Renovate Switzerland» greift stattdessen die Kritikerinnen und Kritiker frontal an.

«Ich bin entsetzt, dass wir in einer Zeit leben, in der diese Art von Thema interessant ist», sagt Cécile Bessire, Mediensprecherin von Renovate Switzerland. Währenddessen setzten die wahren Schuldigen der Klimakrise weiterhin ungestraft CO2 frei und führten ein System fort, das «uns direkt in den Tod» führe.

Sie fragt: «Mit welchem Recht kann man das Privatleben von Bürgerinnen und Bürgern öffentlich machen und beurteilen, nur weil sie für das Recht auf eine Zukunft kämpfen? Und mit welchem Recht verlangt man von Bürgerinnen und Bürgern, sich für ihr Privatleben und das ihrer Angehörigen zu rechtfertigen, nur weil sie für das Recht auf eine Zukunft kämpfen?»

Die Verantwortung trage die Regierung

Weiter wirft Bessire die Frage auf, wann die Regierungen aufgefordert würden, sich für ihre klimatische Untätigkeit und die Tatsache zu rechtfertigen, dass sie Millionen von Menschen in den Tod schickten. «Sie sind es, die die Verantwortung für den Klimakollaps tragen.»

Ein Langstreckenflug verursacht mehrere Tonnen CO2. Wenn Aktivistinnen und Aktivisten ihre Klimaschutz-Forderungen selbst nicht umsetzen, drängt sich die Frage nach deren Glaubwürdigkeit auf. Bessire sagt dazu: «Ich hoffe, dass die Situation der beiden ‹Letzte Generation›-Sympathisanten, die in den Urlaub nach Bali geflogen sind, den Menschen zumindest vor Augen führt, in welch schrecklichen Zeiten wir leben», sagt Bessire dazu.

Es spiele keine Rolle, wer wohin fliege

Ernüchtert sagt Bessire: «Die Regierungen haben ihre Arbeit so gut gemacht, dass es ihr gelingt, die Bürgerinnen und Bürger gegeneinander auszuspielen, damit sie ungestraft die Hälfte der Weltbevölkerung in extremes Leid und den sicheren Tod treiben können.»

Laut Bessire ist sich zu weigern, dieses Spiel zu spielen und in den endlosen Kreislauf von Schuldzuweisung und Verurteilung einzutreten, der grösste Akt der Menschlichkeit, den die Gesellschaft bislang vollbringen könne. «Es geht um unser Überleben, denn wir sind aufeinander angewiesen, um den Klimanotstand zu bewältigen.»

Ähnlich reagiert «Klimastreik Schweiz». Absurd sei, dass durch diesen Vorfall die eigentliche Problematik in den Hintergrund gerückt werde, heisst es bei der Bewegung auf Anfrage. «Auf Eigenverantwortung zu setzen, bringt wenig. Das System muss sich ändern.»

Netto-Null bis 2050

Untätig ist die Schweiz nicht. Bis 2030 will sie ihre Emissionen halbieren. Bis 2050 strebt der Bundesrat Netto-Null-Treibhausgas-Emissionen an. Voraussichtlich im Juni stimmt die Bevölkerung über den indirekten Gegenvorschlag der Gletscher-Initiative ab. Dieser gibt Etappenziele vor, um Netto-Null innert der Frist zu erreichen.

veröffentlicht: 2. Februar 2023 19:25
aktualisiert: 2. Februar 2023 21:23
Quelle: Today-Zentralredaktion

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