2022

«Klimaterrorist» ist deutsches Unwort des Jahres

· Online seit 10.01.2023, 09:59 Uhr
Das «Unwort des Jahres» 2022 in Deutschland lautet «Klimaterroristen». Das gab die sprachkritische «Unwort»-Aktion am Dienstag in Marburg bekannt.
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Der Ausdruck sei im öffentlichen Diskurs benutzt worden, um Aktivisten und deren Proteste für mehr Klimaschutz zu diskreditieren, begründete die Jury ihre Wahl. Sie kritisierte die Verwendung des Begriffs, weil Aktivistinnen und Aktivisten mit Terroristen «gleichgesetzt und dadurch kriminalisiert und diffamiert werden».

Gewaltlose Protestformen zivilen Ungehorsams und demokratischen Widerstands würden so in den Kontext von Gewalt und Staatsfeindlichkeit gestellt, rügte die Jury.

Der Begriff «Klimaterrorist» kam letztes Jahr auf, als Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten vermehrt zu zivilem Ungehorsam griffen und sich etwa auf Strassen festklebten oder Gemälde in Museen mit Farbe bespritzten.

Quelle: CH Media Video Unit / Katja Jeggli

Wer komplettiert das Podest?

Auf Platz zwei setzte die mehrheitlich aus Sprachwissenschaftlern bestehende Jury den Ausdruck «Sozialtourismus», der 2013 zum «Unwort» gekürt worden war. Der Chef der Christdemokraten (CDU), Friedrich Merz, hatte das Wort im vergangenen September im Zusammenhang mit Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine verwendet und sich später dafür entschuldigt.

Die Jury sah in dem Wortgebrauch «eine Diskriminierung derjenigen Menschen, die vor dem Krieg auf der Flucht sind und in Deutschland Schutz suchen». Zudem verschleiere das Wort ihr prinzipielles Recht darauf.

Auf Platz drei kam die Formulierung «defensive Architektur», die als irreführend und beschönigend kritisiert wurde. Der Ausdruck bezeichnet eine Bauweise, die verhindert, dass sich etwa Wohnungslose länger an öffentlichen Orten niederlassen können.

Was ist das «Unwort des Jahres»?

Das Unwort wird in Deutschland seit 1991 gekürt. Die Entscheidung trifft eine unabhängige und ehrenamtlich arbeitende Jury auf Grundlage von aus der Bevölkerung eingesandten Vorschlägen. Die Menge der Vorschläge für ein einzelnes Wort spielt dabei aber keine Rolle. 2021 war die Wahl auf «Pushback» gefallen.

Die sprachkritische Aktion möchte nach eigenen Angaben auf unangemessenen Sprachgebrauch aufmerksam machen und so sensibilisieren. Kritiker werfen ihr vor, als eine Art «Sprachpolizei» zu agieren oder politische Positionen in der öffentlichen Debatte moralisch zu diskreditieren. (sda/jaw)

veröffentlicht: 10. Januar 2023 09:59
aktualisiert: 10. Januar 2023 09:59
Quelle: Today-Zentralredaktion

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