Grossbritannien vor grossem Showdown

Kommt es zum Premier-Duell Sunak gegen Johnson?

· Online seit 23.10.2022, 21:42 Uhr
Die Briten fiebern der entscheidenden Abstimmung am Montag entgegen. Der britische Ex-Finanzminister Rishi Sunak bewirbt sich erneut für das Amt des Premierministers. Auch Ex-Premier Boris Johnson soll seinen Hut für das Amt des Premierministers erneut in den Ring werfen und dann ist da noch Penny Mordaunt.
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Will Boris Johnson es wirklich nochmals wagen? Die Frage stand am Wochenende dort, wo der frühere Premierminister sich am liebsten aufhält: im Mittelpunkt aller Überlegungen der politisch interessierten Briten darüber, wer die Nachfolge der gescheiterten Liz Truss antreten wird. Während sich der 58-Jährige in Schweigen hüllte, versuchten Anhänger Stimmung für ihr Idol zu machen.

Gemessen an den öffentlichen Treueschwüren liegt Ex-Finanzminister Rishi Sunak vor der Abstimmung an diesem Montag klar in Führung. Eine Regierung unter seiner Führung werde «integer, professionell und verantwortlich» handeln, teilte der 42-Jährige in seinem Bewerbungsschreiben mit.

Treffen verlief ergebnislos

Am Samstagabend hatte sich der Sohn indischer Einwanderer mit seinem früheren Chef getroffen, was Spekulationen über einen Sunak-Johnson-Pakt auslöste. Offenbar aber verlief das Treffen ergebnislos. Er werde das Königreich durch «die tiefgreifende Wirtschaftskrise» führen und die Partei zusammenbringen, versprach der frühere Goldman Sachs-Banker am Sonntag.

Sunaks unbezweifelbare ökonomische Kompetenz gehört wie Integrität und Verantwortungsgeist zu den Attributen, die in Bezug auf Johnson nicht einmal besonders Begeisterten einfallen.

In die fraktionsinterne Abstimmung gehen am Montagnachmittag nur jene Kandidaten, die von mindestens 100 der insgesamt 357 Fraktionsmitgliedern schriftlich nominiert wurden. Am Sonntagnachmittag hatten sich nach BBC-Angaben 141 Tory-Abgeordnete öffentlich zu Sunak bekannt, die Marke für Johnson lag bei 57.

Aussenseiterin Mordaunt ist «schockiert»

Lediglich 23 versammelten sich hinter Kabinettsministerin Penny Mordaunt. Aus deren Lager verlautete, die 49-Jährige sei schockiert über die Diskrepanz zwischen den privaten Versprechungen ihrer Fraktionskollegen und deren öffentlichem Gebaren.

Da ist es wieder, das Klischee von der Tory-Unterhausfraktion als «weltweit raffiniertester Wählergruppe». Was sich hinter diesem Schlagwort verbirgt, beschreibt Paul Goodman, früher selbst Abgeordneter, so: «Man kann öffentlich den einen unterstützen, einen anderen nominieren und die dritte wählen.»

Seinem Eindruck nach, so der Chefredaktor der Partei-unabhängigen Website «Conservative Home» weiter, würde Johnson das Rennen machen, wenn das konservative Parteivolk das letzte Wort hätte: «Die Mitglieder würden sich an ihrem grossen, blonden Teddybär festklammern wie ein Kind im Dunkeln.»

Ob Johnson, selbst wenn er genug Nominierungen aufweist, überhaupt antritt, ist offen. Für die Menschen im Land, die mit den Überlegungen der Regierungspartei nichts zu tun haben, fasste der Karikaturist Nick Newman die chaotische Lage mit Galgenhumor zusammen. «Machen Sie sich nichts draus», sagt eine Krankenschwester in Newmans Zeichnung zu einer Demenz-Patientin: «Es ist ganz normal, nicht zu wissen, wer der Premier ist.»

(Aargauer Zeitung)

veröffentlicht: 23. Oktober 2022 21:42
aktualisiert: 23. Oktober 2022 21:42
Quelle: ArgoviaToday

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