«Es lebe das freie Kuba! Frei von Einmischung und dem Hass, der gegen es geschürt worden ist», sagte Staatspräsident Miguel Díaz-Canel am Samstagmorgen (Ortszeit) vor einer Menschenmenge an der Uferpromenade Malecón in der Hauptstadt. «Was die Welt im Moment von Kuba sieht, ist eine Lüge», erklärte er mit Blick auf die Proteste.
Dabei anwesend war auch Raúl Castro, der 90 Jahre alte Bruder des gestorbenen Revolutionsführers Fidel Castro. Díaz-Canel hatte Raúl Castro zunächst als Präsident und im April als Chef der einzigen zugelassen Partei abgelöst, der Kommunistischen Partei Kubas (PCC). Viele Teilnehmer waren Berichten zufolge in Bussen zu der Kundgebung in Havanna gebracht worden.
Am vergangenen Sonntag hatten Tausende Kubaner in zahlreichen Städten spontan für Freiheit, gegen Unterdrückung und Mangelwirtschaft demonstriert. Solche Proteste hatte es in dem Karibikstaat seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben. Auch im Ausland gab es Demonstrationen von Exil-Kubanern und Sympathisanten. Kubas Wirtschaft leidet stark unter dem Einbruch des Tourismus in der Pandemie sowie unter US-Sanktionen. Es fehlt an Lebensmitteln und Medikamenten. Zudem stiegen die Corona-Zahlen zuletzt deutlich.
Die autoritäre Regierung bezeichnete die Proteste als gewaltsame Unruhen, die die USA angezettelt hätten, um die Kubaner zu spalten. Díaz-Canel rief dazu auf, die kubanische Revolution von 1959 - sprich: das sozialistische System - auf den Strassen zu verteidigen. Sicherheitskräfte und Männer in zivil mit Stöcken in den Händen lösten die Demonstrationen mit Gewalt auf.
Hunderte Menschen wurden festgenommen - darunter zahlreiche teils prominente Aktivisten und mindestens sieben Journalisten - und eine unbekannte Zahl verletzt. Die Regierung meldete einen Todesfall. Viele Menschen wurden vermisst. Nach Angaben von Menschenrechtlern wurde den Festgenommenen rechtlicher Beistand verwehrt. Zudem wurde der Internetzugang auf der Insel zu einem grossen Teil blockiert.