Wie gross sind die Schäden auf den Inseln Tongas?
Schätzungsweise 84 Prozent der rund 105 000 Bewohner auf allen Inseln seien von dem Ascheregen und dem Tsunami betroffen, hiess es zuletzt von der Regierung.
Vor allem in Küstennähe sind die Zerstörungen gewaltig. Am Freitag wurden an Land gedrehte Videos veröffentlicht, die das Ausmass der Katastrophe verdeutlichen. Der Tsunami hat zahlreiche Häuser dem Erdboden gleichgemacht, Bäume umgerissen und ganze Landstriche verwüstet. Auch die Westküste der Hauptinsel Tongatapu, wo es viele Hotels gibt, ist schwer betroffen, wie der neuseeländische Hochkommissar in dem Archipel, Peter Lund, zuletzt sagte.
Die normalerweise so farbenfrohen Südsee-Inseln sind von einer fahlen Ascheschicht bedeckt. Beobachter sprechen von einer «Mondlandschaft». Am Samstag veröffentlichte Aufnahmen zeigten Bewohner inmitten von Trümmern und umgestürzten Bäumen auf dem Eiland Mango mit rund 36 Bewohnern, wo alle Häuser zerstört sind.
Ist die Kommunikation mit den Menschen im Archipel mittlerweile wieder möglich?
Nur teilweise. Die Kommunikation zwischen den Inseln bleibt nach Regierungsangaben «eine akute Herausforderung». Immerhin konnten die internationalen Telefonleitungen zum Teil wiederhergestellt werden. Angehörige im Ausland, die tagelang keine Informationen von ihren Familien in Tonga hatten, konnten endlich ihre Lieben erreichen.
Ein wichtiges Unterseekabel, das zur Übertragung fast aller digitalen Informationen einschliesslich der Internet- und Telefonkommunikation dient, ist aber an zwei Stellen gebrochen. Laut US-Kabelunternehmen SubCom wird es mindestens vier Wochen dauern, bis die Kabelverbindung repariert ist. Tongas Regierung zufolge soll in den kommenden Tagen ein Schiff auf Tonga eintreffen, um die Reparaturarbeiten aufzunehmen. Ein Hilfsflug aus Neuseeland brachte dringend benötigte Telekommunikationsausrüstung, um die Internetverbindung in begrenztem Masse wiederherzustellen.
Der internationale Mobilfunkanbieter Digicel hat auf der Hauptinsel Tongatapu ein Überbrückungssystem via Satellit eingerichtet. Die Verbindungen seien jedoch «begrenzt und lückenhaft», hiess es.
Gibt der Hunga-Tonga-Hunga-Ha'apai jetzt Ruhe oder brodelt er weiter?
Das können selbst Vulkanforscher nicht vorhersagen. «Das einzige, was wir sicher sagen können, ist, dass der Vulkan jetzt ausgebrochen ist. Also ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass sich darunter noch viel mehr Magma befindet», sagte der Geochemiker Oliver Nebel von der renommierten Monash University in Melbourne zuletzt. Jedoch sei das keine Garantie: In der Vergangenheit seien Vulkane auch schon mehrmals in Folge heftig ausgebrochen. Experten fragen sich auch, was von dem zuvor 1800 Meter hohen und 20 Kilometer breiten submarinen Feuerberg überhaupt noch übrig ist. Eine erst 2015 bei einem monatelangen Ausbruch des Vulkans entstandene Insel ist etwa gänzlich verschwunden, wie Satellitenaufnahmen belegen.
Wie häufig sind derart heftige Eruptionen eines Untersee-Vulkans und dadurch ausgelöste Tsunamis?
Solch eine gigantische Eruption des Hunga-Tonga-Hunga-Ha'apai kommt Experten zufolge nur etwa alle 1000 Jahre vor. Weltweit war es zudem der wohl heftigste Vulkanausbruch seit der Eruption des Pinatubo auf den Philippinen vor 30 Jahren, die damals allerdings an Land geschah. Gerade am Pazifischen Feuerring liegen zahlreiche Untersee-Vulkane, die meisten aber in grosser Tiefe. Wenn sie ausbrechen, wird das meist kaum registriert. Die Caldera (der Kessel) des Hunga-Tonga-Hunga-Ha'apai lag hingegen nur knapp unter der Wasseroberfläche.
Tsunamis werden meist durch Seebeben ausgelöst - nur selten durch unterseeische Vulkane. Laut der neuseeländischen Forscherin Emily Lane handelte sich um den ersten durch einen Vulkanausbruch ausgelösten pazifikweiten Tsunami seit der verheerenden Eruption des Krakatau in Indonesien im Jahr 1883 mit 36 000 Toten.
Was wird in Tonga besonders dringend benötigt?
Am dringendsten wird derzeit Trinkwasser benötigt, denn die Asche hat in Tonga das Regenwasser und die Bohrlöcher verschmutzt, aus denen die Menschen ihr Trinkwasser beziehen. Im Rahmen der Hilfsmassnahmen sind nach Regierungsangaben bisher fast 60 000 Liter Wasser verteilt worden. Am Freitag traf das von Neuseelands Regierung entsandte Schiff «HMNZS Aotearoa» ein, das 250 000 Liter transportieren und 70 000 Liter pro Tag durch eine Entsalzungsanlage produzieren kann.
Auch Lebensmittel, provisorische Unterkünfte, medizinische Ausrüstung und Hygieneartikel werden gebraucht. Erste Hilfslieferungen aus Neuseeland und Australien sind mittlerweile in Tonga angekommen. Obwohl es bislang keine weiteren vulkanischen Aktivitäten gegeben hat, bleibt der Seetransport weiterhin schwierig, da Asche auf der Meeresoberfläche die Schiffe beschädigt. Auch die EU und Grossbritannien wollen Hilfen nach Tonga schicken.