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Rassistisch oder sogar sexuelle Belästigung? Heftige Kritik an Gestaltung der Wiesn-Fahrgeschäfte

Oktoberfest

Sexuelle Belästigung und Rassismus: Heftige Kritik an Wiesn-Fahrgeschäften

· Online seit 29.04.2023, 10:29 Uhr
Tradition oder purer Rassismus? Mit dieser Frage beschäftigt sich momentan die Stadt München. Denn einige Wiesn-Fahrgeschäfte fallen durch «rassistische und sexistische Bilder» auf. Das Thema polarisiert.
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In München ist ein hitziger Streit darüber entbrannt, was auf die Wiesn gehört und was nicht. Konkret gehe es um «rassistisch überzeichnete Bilder von Dunkelhäutigen sowie Bilder von Frauen als kaum oder gar nicht bekleidete Sexobjekte», schreibt die Abendzeitung München (AZ). Diese Bilder seien seit Jahren an einigen Fahrgeschäften zu sehen.

Die Grünen in München fordern, dass rassistische und frauenfeindliche Motive auf den Fahrgeschäften des Oktoberfests verschwinden sollen. Diese seien nicht mehr zeitgemäss.

Darstellung wird kritisiert

Laut der Süddeutschen stellt Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) gar in Aussicht, dass die Stadt München für eine neue Bemalung bezahlen könnte. Dies zur finanziellen Unterstützung von Schaustellern, die willens sind, ihre Fahrgeschäfte umzugestalten. 

Habenschaden teilte am Mittwoch ein Bild eines Fahrgeschäfts auf Instagram und kritisierte derartige Darstellungen von Frauen. So schreibt sie etwa: «Die Wiesn ist kein rechtsfreier und auch kein anstandsfreier Raum. Ich will nicht, dass Frauen und Mädchen auf der Wiesn der Rock hochgezogen wird – auch nicht auf Bildern.» Weiter schreibt Habenschaden, dass die CSU (Christlich-Soziale Union in Bayern) solche Darstellungen «Kunst» und ihre Kritik daran «Grüne Verbotskultur» nenne. «Ich halte sexuelle Belästigung und Rassismus nicht für Kunst», stellt die Bürgermeisterin in ihrem Statement klar.

Die Wiesn müsse ein Ort sein, an dem sich Frauen und Mädchen wohl und sicher fühlen können und nicht mit sexuellen Übergriffen rechnen müssen. Und: «Auf dem Menschen mit schwarzer Haut nicht als Lüstlinge dargestellt werden.» Dies habe schliesslich nichts mit «Wokeness» zu tun, sondern mit der Frage, «welches Bild wir auf dem grössten Volksfest der Welt unseren Kindern und Gästen aus aller Welt eigentlich vermitteln möchten».

Von der Community gibt es zum Statement auf Instagram grösstenteils Zuspruch: «Danke, liebe Katrin Habenschaden, ich bin auch entsetzt. Diese Abbildung ist abstossend, sie lädt ein zu sexueller Gewalt und ist rassistisch» oder «Rassismus erlebe ich mindestens 1x pro Woche – nix Neues. It's a white Man's World» heisst es etwa.

Am Ende ihres Statements erläutert Habenschaden, dass es sich «übrigens um ganz wenige Fahrgeschäfte» handle, bei denen Rassismus ein Thema sei. «Ich bin guter Hoffnung, dass wir eine Lösung finden.»

Für den Vorschlag, die Schausteller bei der Übermalung finanziell zu unterstützen, erhält Habenschaden auch Zustimmung von der CSU-Landtagskandidatin Susanne Hornberger. Hornberger sagt gegenüber der AZ, dass für sie bei solchen Darstellungen jeder Spass aufhöre: «Dieses Bild ist für mich keine Kunst, es ist rassistisch und sexistisch. Man muss die vielen Frauen ernst nehmen, die auf der Wiesn sexuell belästigt werden.»

«Ich hasse die Wiesn»

Die AZ hat zur aktuellen Debatte zwei Betroffene zu Wort kommen lassen. Einer davon ist Tahir Della von der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland Bund e.V. (ISD). Er hat eine klare Meinung dazu: «Die Bilder sprechen Bände und lassen keinen Zweifel offen, dass das rassistisch ist», sagt er gegenüber der AZ.

Pia Chojnaki von der Partie Die Urbane wird noch deutlicher: «Ich hasse die Wiesn.» Es gebe überall Rassismus und Sexismus und sie gehe darum nicht gerne hin. Durch solche Darstellungen werde sie daran erinnert, «stets fremd im eigenen Land zu sein».

Della ergänzt, dass man ausblende, aus welcher Tradition diese Bilder kommen: «Sie stammen zum Teil aus der Zeit der Völkerschauen, wo afrikanische Menschen wie Zootiere ausgestellt wurden.»

Gegenüber der AZ äussert Della seinen Wunsch, wie die Stadt München mit diesen Bildern umgehen sollte: «Dass die Kritik der vielen Akteure ernst genommen wird und auch Konsequenzen gezogen werden.» Er wünsche sich «starke Signale von Verantwortlichen, dass sie sich umfassend damit beschäftigen. Damit diese Dinge vom Oktoberfest verschwinden».

«Tradition verlässt die Wiesn»

Die Diskussion kommt erneut auf, da der Betreiber des Fahrgeschäfts «Top Spin Fresh», an dem solche Bilder zu sehen sind, für Schlagzeilen sorgt. Gegenüber Bild sagt der 74-jährige Manfred Zehle, dass er in diesem Jahr nicht auf der Wiesn sein wird.

Auf seinem Fahrgeschäft ist unter anderem eine nackte Frau zu sehen – das Gemälde übermalen könne und wolle er nicht. Zu Bild sagt er, dass es zwischen 60'000 und 80'000 Euro kosten würde. Diese Kosten müsse er ansonsten auf den Preis draufschlagen, was Zehle nicht will. «Die Wiesn ist ein Familienfest, ich will keine zu teuren Preise.»

Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner hält die Forderungen, solche Bilder zu übermalen, für Zensur, die Darstellungen für «Kunst». Zum plötzlichen Top-Spin-Ende sagt er gegenüber Bild: «Ein Traditionsgeschäft verlässt die Wiesn. Weil die Grünen Ideologie über Tradition stellen. Na, bravo!»

Doch Zehle, welcher seit 30 Jahren mit seinem Fahrgeschäft auf der Wiesn war, erklärt gegenüber Bild, dass nicht nur die Forderungen der Grünen Schuld an seinem Ende seien. Auch Sicherheitsauflagen und Sonder- oder Ausfahrtgenehmigungen würden ihn nerven. «Einzeln für sich sind diese Regelungen ja nicht schlimm, aber die Summe!» Er sei nun zu alt und könne das alles nicht mehr erfüllen.

Im Instagram-Statement erwähnt Katrin Habenschaden, dass sich ihre Kritik nicht gegen die Bilder von Nackten auf dem «Top Spin Fresh» richte – dazu habe sie kein Wort gesagt. «Auch wenn einige CSU-Politiker versuchen, mit einer Prüderie-Debatte vom eigentlichen Thema abzulenken», so Habenschaden. Das sage sie als Bürgermeisterin, aber auch als Mutter. «Ich bin erschrocken, dass ein gesellschaftlicher Grund-Konsens von manchen Politikern hier gerade aufgekündigt wird.»

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veröffentlicht: 29. April 2023 10:29
aktualisiert: 29. April 2023 10:29
Quelle: FM1Today

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