11. September 2001

«Symbolhaftigkeit dieses Anschlags wird nicht verschwinden»

10.09.2021, 16:31 Uhr
· Online seit 10.09.2021, 15:56 Uhr
Das sind die prägenden Bilder, die uns von 9/11 geblieben sind: Die grauen Türme des World Trade Centers ragen dem strahlend blauen Himmel entgegen, als am 11. September 2001 um 8.46 Uhr ein Flugzeug in den Nordturm einschlägt. Eine Viertelstunde später fliegt ein zweites Flugzeug in den Südturm. Eine Stunde später stürzen beide Türme nacheinander ein.
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Diese Bilder vom 11. September 2001 sind ins kollektive Gedächtnis eingegangen. Maurus Reinkowski, Professor für Nahoststudien an der Universität Basel, erklärt: «Menschen, die am 11. September bereits erwachsen waren, können genau erzählen, wann und bei welcher Gelegenheit sie das erste Mal von den Anschlägen gehört haben oder erste Bilder der einstürzenden Türme sahen.» Im kollektiven Gedächtnis haften bleibt das Ereignis deshalb, weil es «eine Angelegenheit von allgemeiner Bedeutung mit individueller Erfahrung in eine feste Klammer fügt». Das heisst nicht, dass sich alle Menschen an genau dieselben Dinge erinnern, aber an das einschneidende Ereignis sehr wohl, so Reinkowski.

Persönliches Erleben formt Erinnerung

Der Begriff des kollektiven Gedächtnisses ist Erik Petry, Professor für neuere allgemeine und jüdische Geschichte an der Universität Basel, zu schwammig. Er spricht in diesem Zusammenhang weniger vom kollektiven Gedächtnis als vom gemeinsamen Erinnern. Unter das kollektive Gedächtnis würden die Erinnerungen aller Individuen gefasst, verglichen mit einem Teppich, zu dem jedes Individuum ein Stück beiträgt. Dabei habe jeder Mensch einen anderen persönlichen Zugang zum Erlebten. Petry geht daher vom gemeinsamen Erinnern aus, das zwei unterschiedliche Zugänge aufweist. «Einerseits mein persönliches Erleben, andererseits das Wissen, dass ich mir über dieses Ereignis angeeignet habe,» erklärt er.

Laut Petry ist nebst den Bildern der brennenden und zusammenstürzenden Türmen vor allem etwas vom 9/11 hängen geblieben: die Verunsicherung. «Das Ereignis wurde weltweit wahrgenommen und es hat gezeigt, dass es möglich ist, eine Supermacht wie die USA in einer Weise anzugreifen, die sie bis ins Mark trifft – und damit etwas auszulösen.» Das Ereignis hat diesbezüglich eine gewisse Symbolik. In der Schweiz, die glücklicherweise keine Erfahrung mit solch tragischen Anschlägen hat, habe 9/11 vor allem Entsetzen und Angst ausgelöst, erklärt Petry. Mit Gedanken wie «Hoffentlich, passiert das bei uns nicht und was können wir dagegen tun,» schaute man auf die Ereignisse in New York. Natürlich folgte im Nachgang der Terroranschläge auch eine grosse Solidaritätswelle, diese sei laut Petry aber lediglich kurzfristig gewesen.

9/11 hat Debatte über Islam ausgelöst

«9/11 ist kein Tag, der die Welt grundsätzlich veränderte, aber er wirkte als Katalysator,» sagt Reinkowski, Professor für Nahoststudien. So hätten die Attentate vom 11. September 2001 die Besorgnis über den Islam als politische Religion weiter genährt. Das sieht auch Petry so. Die Terroranschläge hätten eine Debatte über den Islam ausgelöst, einerseits über die Religion als solche, andererseits über den Islamismus sowie die Personen, die solche Anschläge verüben. Auch geopolitisch wirkte 9/11 nach, dies zeigt sich in der aktuellen Situation in Afghanistan. Die Frage, wieso die USA mit ihren Truppen überhaupt in dem Land stationiert waren, komme nun wieder auf, so Petry. «Und die Auswirkungen davon merken wir bis heute.»

Wie lange die Terroranschläge auf die Zwillingstürme in New York im kollektiven Gedächtnis haften bleiben werden, kann Petry nicht beantworten, aber: «Die Symbolhaftigkeit dieses Anschlags wird nicht verschwinden.»

Quelle: CH Media Video Unit / AP

Kannst du dich noch an den Moment erinnern, als du vom Anschlag erfuhrst? Teile deine Erinnerungen mit uns in den Kommentaren.

veröffentlicht: 10. September 2021 15:56
aktualisiert: 10. September 2021 16:31
Quelle: PilatusToday

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