Am späten Dienstagabend hatte Erdogan in einem Interview mit dem staatlichen Fernsehsender TRT verkündet, dass er mit dem Notenbankchef gesprochen habe und dass eine Zinssenkung «eine Notwendigkeit» sei. Als möglichen Zeitpunkt nannte Erdogan die Sommermonate Juli und August.
Zuvor hatte Erdogan bereits mehrfach die Ansicht vertreten, dass man die hohe Inflation im Land mit sinkenden Zinsen bekämpfen solle. Dies widerspricht ökonomischen Grundsätzen. Darüber hinaus hatte der Präsident die Führung der Notenbank ausgewechselt und damit das Vertrauen der Finanzmärkte in die Geldpolitik des Landes nachhaltig erschüttert sowie die Hoffnung auf eine konsequente Inflationsbekämpfung zerschlagen.
Die Türkei befindet sich mittlerweile in einer gefährlichen Spirale aus einer vergleichsweise hohen Inflation und einer Währung, die immer stärker abwertet. Im April war die Inflationsrate auf rund 17 Prozent gestiegen.
«Wir sind wieder einmal ein bisschen überrascht, wie offen und deutlich Erdogan seinem Zentralbankchef die Pistole auf die Brust setzt», kommentierte Devisenexpertin Esther Reichelt von der Commerzbank die jüngsten Ereignisse. «Das bestätigt uns in unserem Glauben, dass Erdogan tatsächlich glaubt, mit niedrigeren Zinsen die wirtschaftlichen Probleme der Türkei lösen zu können - auch wenn er damit sehenden Auges in eine neue Lira-Krise läuft.»