UN-Vermittler in Libyen tritt einen Monat vor Präsidentenwahl zurück
Kubis war erst Anfang des Jahres als Vermittler in Libyen bestätigt worden, nachdem UN-Generalsekretär António Guterres grosse Probleme hatte, die Stelle zu besetzen. Der eigentliche Favorit, der vorherige bulgarische Nahostgesandte Nikolai Mladenow, hatte sich kurz vor seiner geplanten Ernennung überraschend zurückgezogen. Zuvor war der ursprüngliche Vermittler, der Libanese Ghassam Salamé, unter Verweis auf hohen Stress und seine Gesundheit zurückgetreten.
Die Libyer sollen am 24. Dezember eigentlich einen Präsidenten und einige Wochen später ein Parlament wählen. Ein monatelanger Streit unter anderem über Kandidaten, verfassungsrechtliche Grundlagen und den Ablauf sowie die Sicherheitslage im Land liess viele Beobachter zweifeln, ob die Wahlen wie erhofft stattfinden können. In dem ölreichen Land am Mittelmeer war nach dem Sturz des Langzeitherrschers Muammar al-Gaddafi 2011 ein Bürgerkrieg ausgebrochen, in dem unzählige Milizen um Macht und Einfluss ringen und diverse Staaten mitmischen.
Ein direktes Aus für die Wahl bedeutet der Rücktritt von Kubis nicht. Er ist aber die zentrale Figur im UN-Vermittlungsprozess für Libyen, unter dem auch eine im Oktober 2020 vereinbarte Waffenruhe zustande kam. Unter UN-Vermittlung entstanden auch der politische Fahrplan für Wahlen und die derzeit amtierende Übergangsregierung. Aus dem Sicherheitsrat verlautete, ein Grund für den Rücktritt könnte sein, dass Kubis sich nicht ausreichend bei seiner Arbeit unterstützt gefühlt habe. Auch von Unstimmigkeiten mit Guterres war die Rede.
Trotz der vielen Zweifel laufen die Vorbereitungen zur Wahl. Fast 100 Bewerber reichten Unterlagen ein, um anzutreten. Die Wahlkommission teilte am Dienstag mit, deren Legitimität überprüfen lassen zu wollen. Ihre Unterlagen seien dafür unter anderem an die Kriminalpolizei und die Generalstaatsanwaltschaft übermittelt worden.
Unter den 98 Bewerbern sind einige höchst umstrittene Namen. Kandidieren wollen unter anderem General Chalifa Haftar, dessen selbst ernannte Libysche Nationalarmee (LNA) über ein Jahr versucht hatte, die Hauptstadt Tripolis gewaltsam einzunehmen. Auch Gaddafis Sohn Saif al-Islam, der vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) gesucht wird, will antreten. Unter den 98 Kandidaten sind zwei Frauen.