Nach dem Tod einer 22-Jährigen am vergangenen Dienstag erfasst eine Protestwelle den Iran. Auf Social Media posten Frauen, darunter auch Prominente Iranerinnen, Bilder: Ohne Kopftuch schneiden sie sich vor laufender Kamera die Haare ab, wie der «Tagesanzeiger» schreibt. In Teheran haben Studenten einen Trauerprotest vor der Universität gehalten und auch in anderen Städten kam es zu Demonstrationen.
Iranian women show their anger by cutting their hair and burning their hijab to protest against the killing of #Mahsa_Amini by #HIJAB police. Show this to Shameless Indian Women "Feminists" Rana Ayyub, Saba Naqvi, Swara Bhaskar etc who want to cover girls in Hijab #MahsaAmini pic.twitter.com/RUqSLIOhnV
— Rosy (@rose_k01) September 19, 2022
Polizei weist Vorwürfe zurück
Für den Tod der jungen Iranerin weist die Polizei jegliche Schuld von sich. Sie spricht von einem unglücklichen Zwischenfall und dass sich so etwas hoffentlich nicht mehr wiederhole. Es sei gesetzlich nun mal ihre Aufgabe, Frauen in der Öffentlichkeit an die Kleidervorschriften zu erinnern, wie der «Tagesanzeiger» den Teheraner Polizeichef zitiert.
Seit der islamischen Revolution 1979 gelten strenge Kleidungsvorschriften für Frauen. Es wird von Land zu Land unterschiedlich gehandhabt, je nach politischer Lage lockerer oder verschärfter. Die derzeitige Regierung von Präsident Ebrahim Raisi versucht seit Monaten, die angeblich islamischen Gesetze strenger umzusetzen – was teilweise mit Zwang durch die Sittenpolizei passiert.
Jetzt reagiert die UNO
Nada Al-Nashif, die das UN-Büro interimistisch leitet, forderte eine rasche und unabhängige Untersuchung zum Tod der 22-jährigen Mahsa Amini. Alle diskriminierenden Rechtsvorschriften zu weiblicher Bekleidung sollten laut Al-Nashif aufgehoben werden, wie es am Dienstag in einer Mitteilung heisst.
Laut dem Menschenrechtsbüro ist die Sittenpolizei in den vergangenen Monaten verschärft gegen angebliche Verstösse gegen die Kleidervorschriften vorgegangen. Das Büro habe zahlreiche Berichte und verifizierte Videos von Gewaltanwendung erhalten, sagte Sprecherin Ravina Shamdasani in Genf. «Frauen wurden ins Gesicht geschlagen, mit Knüppeln geprügelt und in Polizeifahrzeuge geworfen», erzählte sie. Im Juli sei eine Frau mit inneren Blutungen in ein Krankenhaus gebracht worden.
Das Menschenrechtsbüro kritisierte auch, dass iranische Sicherheitskräfte laut Berichten mit scharfer Munition, Gummigeschossen und Tränengas gegen die Tausenden Demonstrantinnen und Demonstranten vorgingen, die nach Aminis Tod im ganzen Land auf die Strasse gegangen sind.
Les manifestations contre la mort de #MahsaAmini et le régime se propagent dans plusieurs universités du pays aujourd'hui notamment à Téhéran #Iran #Mahsa_Amini #مهسا_امینی pic.twitter.com/TSLnZ96aPZ
— Anonyme Citoyen (@AnonymeCitoyen) September 20, 2022
Bisher lägen die Namen von mindestens zwei Toten im Zuge der Proteste vor. Die iranische Seite bestätigte die Todesfälle zunächst nicht.
Der Auslöser
Vergangenen Dienstag ist die 22-jährige Mahsa Amini in Teheran von der Sitten- und Religionspolizei festgenommen worden, weil sie ihr Kopftuch angeblich «unsittlich» getragen hatte. Man habe sie auf den Polizeiposten über die in der Islamischen Republik geltenden Moral- und Kleidungsvorschriften aufklären wollen. Drei Tage später ist sie tot.
Nach Behördenangaben starb sie eines Herzanfalls, doch nach anderen Berichten wurde sie von der Polizei misshandelt. In den sozialen Medien hiess es, die Beamten hätten die junge Frau so heftig auf den Kopf geschlagen, dass dies zu einer Hirnblutung führte und sie ins Koma fiel. Man habe sie auf den Polizeiposten gebracht, um sie über die in der Islamischen Republik geltenden Moral- und Kleidungsvorschriften aufzuklären.
(sda/joe)