Zudem müssten wie geplant am 24. Dezember Parlamentswahlen stattfinden. «Gemeinsam mit der libyschen Regierung und den Vereinten Nationen werden wir uns weiter dafür einsetzen», sagte Maas. Die Konferenz findet auf Ebene der Aussenminister statt. Teilnehmer sind unter anderem die USA, Russland, China, die Türkei und Ägypten.
Vor eineinhalb Jahren hatte Deutschland zusammen mit den Vereinten Nationen erstmals die am Libyen-Konflikt beteiligten Länder eingeladen. Schon damals ging es darum, die Einmischung von aussen mit Waffenlieferungen und Söldnern zu beenden. Bisher ist das nicht gelungen. Dafür gab es an anderer Stelle Fortschritte. Nun soll in Berlin die Stabilisierung vorangetrieben werden.
WORUM GEHT ES?
Nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi 2011 brach in dem ölreichen Land ein Machtkampf zwischen verschiedenen politischen Lagern und verbündeten Milizen aus. Dabei konkurrierte die international anerkannte Regierung von Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch mit einer Gegenregierung, verbündet mit General Chalifa Haftar. Ausländische Mächte befeuern den Konflikt. Eine Übergangsregierung, gebildet unter Schirmherrschaft der UN, hat nun beide Führungen abgelöst. Sie soll Libyen zu Wahlen führen. Die Milizen und ihre Söldner aus dem Ausland sind weiter aktiv.
WER MISCHT MIT?
Viele westliche Staaten und die Türkei unterstützten die Sarradsch-Regierung. Russland, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) stellten sich hinter Haftar. Dabei geht es auch um wirtschaftliche Interessen. Die Türkei etwa profitiert vom Zugang zu libyschen Energievorkommen. Die türkische Intervention stoppte eine Offensive, die Haftars Armee im Frühjahr 2019 begonnen hatte.
Russland wiederum will seinen Einfluss in Nahost und Afrika ausdehnen - mit Diplomatie und wohl auch mit Militärhilfe. Vermutet wird auch, dass Moskau Energie-, Militär- und Infrastrukturverträge in Milliardenhöhe zurückgewinnen will.
WAS HAT DIE ERSTE KONFERENZ GEBRACHT?
Damals verpflichteten sich die am Konflikt beteiligten Staaten, Einmischung in Form von Waffenlieferungen und Söldnern zu beenden. Dazu kam es aber bis heute nicht. Nach jüngsten UN-Schätzungen sind noch 20 000 ausländische Söldner im Land. Manche gehen davon aus, dass die erste Konferenz geholfen hat, die Kämpfe zu beenden. Andere argumentieren, dass der geltende Waffenstillstand nicht Ergebnis diplomatischer Bemühungen ist, sondern schlichtweg Ausdruck des Kräftegleichgewichts der Konfliktparteien.
WARUM HAT DEUTSCHLAND DIE GASTGEBER-ROLLE ÜBERNOMMEN?
Es gibt zwei Konflikte, bei denen Deutschland massgeblich vermittelt: im Osten der Ukraine und in Libyen. Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, international mehr in die Verantwortung zu gehen. Der «Berliner Prozess» ist ein Schritt, diesem Anspruch gerecht zu werden. Deutschland hat aber auch konkrete Interessen: Durch Libyen führen wesentliche Routen der Flüchtlinge, die den Weg übers Mittelmeer nach Europa suchen.
WER NIMMT AN DER ZWEITEN KONFERENZ TEIL?
Mindestens 16 Länder. Die USA und die Türkei sind mit den Aussenministern Antony Blinken und Mevlüt Cavusoglu dabei, Russland dagegen nur mit einem Vize-Aussenminister und China sogar nur mit dem Botschafter. Ferner auch: die Vereinigten Arabischen Emirate, Algerien und Tunesien sowie Frankreich, Italien und Grossbritannien. Auch UN, EU, Afrikanische Union und Arabische Liga sind dabei. Und nicht zuletzt: die libysche Übergangsregierung.
WAS KÖNNTE HERAUSKOMMEN?
Ziel ist es, dem Fahrplan bis zur Parlamentswahl Nachdruck zu verleihen. Ausserdem ist wieder ein Bekenntnis zur Nicht-Einmischung zu erwarten. Wie der Abzug ausländischer Kräfte umgesetzt werden kann, ist aber unklar. Niemand möchte den ersten Schritt machen.
WIE STEHEN DIE CHANCEN AUF FRIEDEN?
Es gibt weiterhin Spannungen zwischen den rivalisierenden Gruppen. Das Misstrauen ist gross. Viele haben Angst, dass wieder Kämpfe ausbrechen. Haftars Einfluss ist weiter so stark, dass es ohne ihn keinen Frieden geben kann. In den politischen Prozess ist der 77-Jährige allerdings nur indirekt eingebunden. Auch in Berlin ist er nicht dabei. Zugleich sehen viele die Chancen für Frieden so gut wie seit langem nicht.