Einsatz in Wallisellen

Wie Polizistinnen und Polizisten nach Schusswechseln betreut werden

· Online seit 07.04.2022, 18:25 Uhr
Am Mittwochabend starben zwei Personen bei einem Polizeieinsatz in Wallisellen. Wie es für die Beamten nach einem solchen Einsatz weitergeht, erklärt der ehemalige Basler Kriminalkommissar Markus Melzl.
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Am Mittwochabend hat sich ein 38-jähriger Mann in Wallisellen seiner Verhaftung widersetzt und auf die Polizei geschossen. Die Polizei reagierte mit Gegenfeuer. Bei der Schiesserei starben der Schütze und seine Begleiterin. Wie das Vorgehen nach einem solchen Einsatz ist und wer dafür überhaupt aufgeboten werden kann, erklärt der ehemalige Kriminalkommissar Markus Melzl.

Wer wird zu einem solchen heiklen Einsatz gerufen? Ich nehme an, dass da nicht jede Polizistin oder jeder Polizist hinfährt.

Nein, natürlich nicht. Das sind spezielle Einheiten und da gibt es auch eine vorgeschriebene Anzahl Personen, die an dem Einsatz teilnehmen müssen. Die Zahl variiert von Kanton zu Kanton. In Basel müssen zum Beispiel sicher 5-6 Personen vor Ort sein.

Was, wenn nicht genügend Personal abrufbar ist?

Dann können noch Personen anderer Spezialeinheiten aufgeboten werden, sonst könnte der Einsatz nicht durchgeführt werden.

Wie werden die Polizstinnen und Polizisten Teil einer solchen Spezialeinheit?

Nach einer gewissen Zeit kann man sich melden und sich mittels Tests und Prüfungen qualifizieren und erhält dann eine spezialisierte Ausbildung. Einige gehen später auch wieder in den normalen Aussendienst zurück, was auch da von grossem Nutzen sein kann.

Wie lange bleiben Personen bei einer solchen Spezialeinheit?

Das variiert stark. Einige werden zu Führungspersonen in der Einheit und gehen erst gegen Ende ihrer Polizeikarriere zurück in den Normalbetrieb. Die Meinung ist aber natürlich nicht, dass jemand die Einheit gleich nach einem Jahr wieder verlässt.

Wie werden die Polizistinnen und Polizisten nach einem Einsatz inklusive Schussabgabe betreut?

Alle Polizeikorps haben einen polizeipsychologischen Dienst, der den Leuten zur Verfügung steht; nicht nur den Mitgliedern einer Sondereinheit. Die Nutzung dieses Dienstes wird auch aktiv gefördert. Man sagt also nicht «Sei nicht so ein Weichei», aber man darf es den Leuten auch nicht aufzwingen. Wenn jemand sagt, er wolle das nicht oder zumindest jetzt noch nicht, muss das auch akzeptiert werden. Es gab früher die Tendenz, dass man fast meinte, das müsse man machen. Es macht aber für einige auch Sinn, erst später diesen Dienst in Anspruch zu nehmen.

Arbeiten die Personen nach einem solchen Einsatz gleich normal weiter oder machen die erstmal eine Art Pause?

Da gibt es unterschiedliche Situationen. Für einige ist es gut, wenn man sie gleich wieder weiterarbeiten lässt. Die involvierten Kolleginnen und Kollegen müssen auch für Einvernahmen zur Verfügung stehen und werden über den Hergang befragt. Das alles muss relativ schnell passieren, wenn die Eindrücke noch frisch sind. Das kann auch aus psychologischer Sicht gut sein.

Werden alle Personen, die sich im Einsatz befunden haben, gleich behandelt?

Es gibt keine Kollektivschuld – wenn man von Schuld sprechen kann. Jeder und jede wird in seiner Funktion befragt. Wer hat den Einsatz geleitet, wer hat die Befehle erteilt und auch, wer hat geschossen? Jeder muss genau wiedergeben, was er gemacht hat und seine Sicht schildern.

veröffentlicht: 7. April 2022 18:25
aktualisiert: 7. April 2022 18:25
Quelle: ZüriToday

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