Kampf gegen sexuelle Übergriffe

Aargauer Schauspielerin wird für Prix Courage nominiert

· Online seit 13.10.2022, 06:17 Uhr
Die Schauspielerin Aileen Lakatos kämpft gegen sexuelle Übergriffe bei Film und Theater, nachdem sie selbst traumatische Erfahrungen machen musste. Die Aargauerin geht heute offen mit ihren sexuellen Übergriffen um und hat den Regisseur angezeigt.
Cornelia Suter
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Im Herbst 2014 sitzt die damals 19-Jährige auf dem Castingstuhl. Die Aargauerin aus Möhlin hat eine Theaterfachmittelschule absolviert und möchte Schauspielerin werden. Es ist ihr erstes Filmcasting. Aileen Lakatos muss einen Monolog aufsagen, dabei wird sie in Nahaufnahme gefilmt.

«Ich war starr vor Schreck»

Während Lakatos spricht, tritt von hinten unerwartet ein Mann an sie heran. Er berührt ihre Schultern, streicht über ihre Brüste und greift schlussendlich in ihren Schritt. «Ich war starr vor Schreck, wie eingefroren», erinnert sich die Schauspielerin. Erst vier Jahre später hat sie die Kraft, sich gegen den Regisseur zu wehren. Sie reicht Anzeige ein.

Übergriffe als Kunst gerechtfertigt

«Diesen April (2022) konnten wir endlich vor Gericht. Das war zum einen unglaublich befreiend, aber auch eine grosse Last. Es war aufwühlend, nach so vielen Jahren Regisseur und Produzentin wieder zu sehen und zu hören, dass sie die Übergriffe als Kunst rechtfertigten», schildert Lakatos ihre Erfahrungen. Tatsächlich stellte sich im Bezirksgericht Brugg heraus, dass alles Kalkül war. Es war damals kein echtes Casting, zu welchem Aileen Lakatos eingeladen wurde, sondern der Dreh für den Film «Achtung! Casting». Ein Film, welcher zeigen sollte, was junge Schauspielerinnen angeblich alles für eine Filmrolle tun würden.

Das Bezirksgericht Brugg gibt ihr und weiteren Betroffenen recht. «Wir wurden aus dem Film gelöscht und haben einen finanziellen Schadenersatz bekommen», erklärt die Aargauerin und ergänzt: «Nach uns haben nochmals mehrere Frauen gegen den Regisseur geklagt und wieder Recht bekommen. Das fühlt sich sehr gut an und ich hoffe, dass wir damit ein Zeichen gesetzt haben.»

Für Prix Courage 2022 nominiert

Für ihren Mut, sich gegen Regisseur und Produzentin zur Wehr zu setzen, wird Aileen Lakatos für den Prix Courage 2022 nominiert. Der Beobachter, welcher den Preis am 28. Oktober 2022 vergibt, schreibt zur Nominierten: «Aileen Lakatos hat ein Zeichen für eine gerechtere und menschlichere Schauspielbranche gesetzt.» Für die junge Aargauerin kam die Nomination jedoch sehr überraschend: «Ich habe nie damit gerechnet. Es ist für mich eine grosse Ehre. Ich finde Jede und Jeder, der da mit dabei ist, hat ihn verdient. Ich bin stolz, Seite an Seite mit solchen mutigen Menschen zu stehen», sagt Lakatos.

Aargauerin setzt sich für andere Schauspielerinnen ein

Heute arbeitet die Schauspielerin meistens hinter der Kamera. Dies jedoch nicht ausschliesslich wegen den traumatischen Erfahrungen beim besagten Casting, erklärt Lakatos: «Ich möchte als Schauspielerin einfach das Privileg haben, mich nur für Rollen, Produktionen und Regie zu entscheiden, die mir zusagen. Deshalb habe ich ein weiteres Standbein hinter der Kamera aufgebaut. Da kann ich mich auch für eine gesunde und respektvolle Arbeitsweise am Set einsetzen. Zudem gibt es jetzt auch erste Ausbildungen als Intimacy Coaches, welche mich sehr interessieren.» Ein Intimacy Coach kommt ans Set, um das Team beim Drehen von intimen Szenen zu coachen und die Schauspielerinnen und Schauspieler so zu schützen.

(csu)

veröffentlicht: 13. Oktober 2022 06:17
aktualisiert: 13. Oktober 2022 06:17
Quelle: ArgoviaToday

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