Seit der Corona-Pandemie beklagen sich vermehrt Personen, dass ihre Schlafqualität stark abgenommen hat. Zwar gehen sie immer um dieselbe Uhrzeit zu Bett, doch der Schlaf bleibt lange Zeit fern und sie liegen stundenlang hellwach im Bett. Katharina Stingelin, Somnologin in der Klinik für Schlafmedizin Bad Zurzach, weiss, was man gegen den ausbleibenden Schlaf machen kann.
Für viele ist Corona nur eine Ausrede
Stingelin bestätigt gegenüber ArgoviaToday, dass seit der Pandemie vermehrt Personen zu ihr kommen, die sich über Schlafstörungen beklagen. Oftmals behaupten die Patientinnen und Patienten, dass Corona und das Homeoffice daran Schuld seien. «Das ist jedoch eine faule Ausrede. Corona ist nicht immer an allem schuld», so Stingelin. Auch in einer Pandemie könne man einen geregelten Alltag haben, die Schlafgewohnheiten müsse man jedoch an den neuen Alltag anpassen.
«Mann muss einen Rhythmus schaffen, bei dem die innere Uhr mit dem neuen Alltag übereinstimmt», wie Stingelin erwähnt. «Wir brauchen insgesamt sieben Stunden Schlaf.» Wenn man am Morgen erst später aufsteht, dann muss man also am Abend auch später ins Bett. Ein weiterer häufiger Fehler: «Oftmals ruhen sich die Leute im Homeoffice über den Mittag zu lange aus oder machen einen Mittagsschlaf, der länger als 30 Minuten dauert.» Dass man am Abend dann keine Ruhe mehr findet, ist für Stingelin verständlich.
Dass man sich im Homeoffice weniger bewegt und man dadurch körperlich auch weniger erschöpft ist, dem stimmt die Schlafexpertin zwar zu, aber: «Dadurch, dass der Arbeitsweg wegfällt, kann man diese Zeit zum Spazieren nutzen. Auch im Homeoffice hat man pro Tag 20 Minuten Zeit, sich zu bewegen.» Es ist also nicht einfach Corona daran schuld, dass die Menschen vermehrt schlaflose Nächte haben. Mit Disziplin und etwas Koordination findet man auch im Homeoffice einen ruhigen Schlaf.
«Albträume aufschreiben und ihnen ein positives Ende geben»
Manche Menschen klagen seit Corona auch immer wieder über häufigere Albträume. Wissenschaftliche Beweise gibt es zwar keine dazu, Stingelin kann sich aber gut vorstellen, dass das stimmt: «Die Leute schauen seit Corona mehr Nachrichten und haben durch das Homeoffice mehr Zeit, um soziale Medien zu konsumieren. Meistens wird über die Pandemie nur Negatives berichtet. Wenn sie die Nachrichten vor dem Schlafengehen schauen, könnte das dazu führen, dass sie diese im Schlaf dann verarbeiten.» Und genau das könnte zu Albträumen führen.
Wenn das der Fall ist, die Albträume wiederkehrend sind und es sich immer um denselben Traum handelt, dann hat Stingelin einen guten Tipp: «Die Albträume kann man aufschreiben, doch statt dem negativen Ende sollte man ein eigenes, positives Ende erfinden. Wenn man die neue Geschichte mehrmals vor dem Schlafen durchliest, dann hilft das den meisten Betroffenen sehr.» Wichtig ist auch, dass man nicht mit der Angst zu Bett geht, dass man einen Albtraum hat, denn dann ist dieser kaum vermeidbar.
(mbr)