Untersiggenthal

Aargauer (99) wird in Regionalblatt für tot erklärt – er lebt aber noch

04.04.2024, 20:59 Uhr
· Online seit 04.04.2024, 16:35 Uhr
Mehrere Fehler auf der Redaktion der Lokalzeitung «Rundschau Nord» haben dazu geführt, dass Josef Umbricht in der Zeitung für tot erklärt wurde – mit Bild und Nachruf. Dabei ist der 99-Jährige putzmunter, wie ein Besuch bei Umbricht deutlich zeigt.
Anzeige

«Josef Umbricht war ein begnadeter Erzähler mit messerscharfem Verstand. Nun ist er im Alter von 99 Jahren verstorben.» So beginnt ein Artikel im Lokalblatt «Rundschau Nord» von Ende März 2024. Der scheinbar verstorbene Josef Umbricht lebt aber, so viel ist sicher. Doch von vorne.

«Ich brauche keine Medikamente und turne jeden Morgen»

Am 26. Februar feierte Josef Umbricht seinen 99. Geburtstag und erfreut sich guter Gesundheit: «Ich brauche keine Medikamente, putze das Haus selber und turne jeden Morgen», erzählt der rüstige Senior bei Tele M1. Einen Tag nach dem Geburtstag besucht ihn ein Freund aus dem Turnverein zum Gratulieren: «Wir haben ein Bierchen getrunken und ein wenig geplaudert», erzählt Umbricht. Daraufhin verfasst dieser einen Artikel über das Leben des Untersiggenthalers und schickte den Text an die «Rundschau». Ein öffentliches Gratulationsschreiben könnte man sagen.

Das Resultat im Lokalblatt am 28. März war aber ein anderes. In der Überzeile steht: «Zum Gedenken an Josef Umbricht» und der Titel «Ein Urgestein des Turnvereins». Im Text geht es um sein aussergewöhnliches Gedächtnis, die Erinnerungen sprudelten nur so hervor. Muster von Anekdoten von einem Skelett einer Keltin, die beim Bau seines Hauses gefunden worden war, oder wie der flotte Turner 1953 seine spätere Frau den Würenlingern «weggeschnappt» hatte.

Titel der Einsendung falsch interpretiert

Nur eben, was als Hommage des Männerturnvereins MTV Untersiggenthal an das langjährige Mitglied Josef Umbricht gedacht war, kam plötzlich als Nachruf daher. Was ist passiert? Offenbar fiel den Verantwortlichen bei der «Rundschau» der Fehler noch am selben Tag auf, ein Korrigendum auf der Webseite wurde veröffentlicht: «Die Redaktion hat aufgrund der Einsendung ‹Josef Umbricht wurde 99 Jahre› alt, einen Nachruf aus dem Artikel verfasst. Josef Umbricht ist gesund und munter. Die Redaktion entschuldigt sich für diese Fehlinterpretation.» Die Zeitung habe sich auch bei ihm gemeldet und sich für den Fehler entschuldigt, erzählt Josef Umbricht weiter. Und auch der Verfasser des Artikels habe sich für die «ungenaue Arbeit» entschuldigt.

Erst einmal Konfitüre kochen

Der Verlagsleiter Stefan Bernet präzisiert auf Anfrage von Tele M1, es seien gleich mehrere Fehler auf der Redaktion passiert, was man sehr bedaure: «Erstens, dass wir den Text, der uns geschickt wurde, falsch interpretiert haben. Zweitens, dass der Text von einer nicht autorisierten Person in der Layout-Abteilung dann vom Präsens in die Vergangenheitsform umgeschrieben wurde. Und drittens, dass der Artikel von einer Person, die ebenfalls nicht autorisiert war, freigegeben wurde.» Man werde den Fall und die damit verbundene Kompetenzüberschreitung intern sehr genau aufarbeiten.

Groll hegt Josef Umbricht indes keinen. «Ich habe es gut verdaut, habe den Artikel nicht als schlimm angesehen», sagt er gelassen. Als ihn Nachbarn auf den Fehler aufmerksam gemacht hatten, hat er zuerst sogar noch Konfitüre gekocht, bevor er den Artikel selbst las.

Viel lieber kümmert er sich weiter um sein Haus und Garten und gedenkt alten Zeiten: «Ich denke tagtäglich an meine wunderbare Frau, die 2017 gestorben ist. Seither zünde ich jeden Tag eine Kerze für sie an. Wir hatten ein wunderbares Leben.»

Quelle: ArgoviaToday/Tele M1

veröffentlicht: 4. April 2024 16:35
aktualisiert: 4. April 2024 20:59
Quelle: ArgoviaToday

Anzeige
Anzeige
argoviatoday@chmedia.ch