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Persönliche Wahlaufforderung: Stadt gab Daten von Neuwählern heraus

Baden

Persönliche Wahlaufforderung: Stadt gab Daten von Neuwählern heraus

17.10.2023, 09:23 Uhr
· Online seit 17.10.2023, 08:11 Uhr
Mit persönlichen Briefen versucht die grüne Jungpartei jene Aargauerinnen und Aargauer zu mobilisieren, die zum ersten Mal wählen können. Dafür erhielten sie von der Stadt Baden die Adressen von Neuwählern – ob sie diese Daten herausgibt, kann jede Gemeinde selber entscheiden.
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Ein junger Mann, der in Baden wohnt, erhielt kürzlich ein handschriftlich adressiertes Couvert – der Brief kam von den Jungen Grünen. Sie forderten den Badener auf, am 22. Oktober wählen zu gehen. Er gehört zur Gruppe jener Personen, die seit den letzten nationalen Wahlen 2019 volljährig geworden und damit nun erstmals wahlberechtigt sind. Auf dem Flyer im Couvert stand laut dem Regionaljournal Aargau-Solothurn von «Radio SRF» klein: «Wir haben deine Adresse zur einmaligen Nutzung von deiner Gemeinde erhalten, weil du Neuwähler bist.»

Der junge Mann fragte sich, ob dies datenschutzrechtlich zulässig ist – die Stadt Baden verwies gegenüber SRF auf die kantonale Verordnung zum Gesetz über die politischen Rechte. Darin heisst es: «Politischen Parteien und Gruppierungen können auf Ersuchen hin Auszüge aus dem Stimmregister ausgehändigt werden.» Weiter ist in der Verordnung festgelegt: «Unter Beachtung der rechtsgleichen Behandlung regelt der Gemeinderat gegebenenfalls das Verfahren und entscheidet im Einzelfall über die Herausgabe.»

Grüne sind im Aargau die stärkste Jungpartei

Die Jungen Grünen Schweiz stellten bei der Stadt Baden den Antrag auf eine Adressliste von Erstwählerinnen und Erstwählern – und erhielten diese auch. Bei den letzten Nationalratswahlen im Aargau im Jahr 2019 waren die Jungen Grünen die stärkste Jungpartei. Sie kamen kantonsweit auf ein Total von 34’188 Stimmen, dahinter folgten die Junge GLP mit 30’293 Stimmen und die Junge SVP mit 24'092 Stimmen.

Die Jungen Grünen sind nicht die einzigen, die Neuwählerinnen und Neuwähler persönlich anschreiben. Schon vor zwei Monaten machte der «Tages-Anzeiger» publik, dass die Juso schweizweit rund 100'000 Briefe an Personen verschickt, die erstmals wahlberechtigt sind. Juso-Schweiz-Präsident Nicola Siegrist sagte: «Unser Ziel ist es, dass wir nicht nur bezüglich Aktivität die stärkste Jungpartei sind, sondern dass sich dies im Wahlresultat niederschlägt.»

EVP stellt am meisten junge Kandidierende

Die Juso wollen also den höchsten Wähleranteil erreichen. Im Aargau dürfte dies schwierig werden: Dort lag die rote Jungpartei vor vier Jahren gut 13'000 Stimmen hinter der grünen Konkurrenz. Magdalena Erni, Co-Präsidentin der Jungen Grünen Schweiz, sagte dem «Tages-Anzeiger» im August: «Ich glaube nicht, dass dieser Massenversand der Juso für uns zum Problem wird.» Auch die Jungen Grünen planten dieses Vorgehen laut Erni in einzelnen Kantonen – offenbar gehört der Aargau dazu.

Am meisten Kandidierende auf den Listen ihrer Jungpartei stellt im Aargau die EVP. Die Junge Evangelische Volkspartei tritt mit zwei Listen (Ost und West) an, darauf finden sich insgesamt 24 Namen. Jeweils eine volle Liste stellen Junge SVP, Juso, Jungfreisinnige, Junge Grüne und Junge GLP. Bei der Mitte, die mit neun Unterlisten am meisten aller Parteien stellt, gibt es hingegen keine eigene Liste mit jungen Kandidierenden.

Junge wählten 2019 am häufigsten die SVP

Die jüngste Nationalratskandidatin im Aargau ist Melanie Del Fabro aus Windisch. Früher war die 18-Jährige bei den Jungen Grünen, heute ist sie Vorstandsmitglied der Juso. Die jüngste amtierende Aargauer Nationalrätin ist Stefanie Heimgartner – die SVP-Vertreterin aus Baden ist am 25. April 1987 geboren. Nur ein paar Monate älter ist Irène Kälin, ihr Geburtstag ist der 6. Februar 1987.

Vor vier Jahren entschieden sich die jungen Wählenden (Altersgruppe 18 bis 29 Jahre) im Aargau zu 18 Prozent für die SVP, zu 16 Prozent für die GLP und die SP, zu 13 Prozent für die FDP, zu 12 Prozent für die Grünen, zu 6 Prozent für die EVP, und zu 4 Prozent für die BDP. Dies zeigte eine umfangreiche Nachwahlbefragung des Zentrums für Demokratie Aarau.

(Aargauer Zeitung/Fabian Hägler)

veröffentlicht: 17. Oktober 2023 08:11
aktualisiert: 17. Oktober 2023 09:23
Quelle: Aargauer Zeitung

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