Drei Kunstwerke von Paul Cézanne (1839–1906), die bislang im Badener Museum Langmatt präsentiert wurden, sollen am 9. November bei Christie’s in New York versteigert werden. Als Highlight dieser Auktion gilt Cézannes Werk «Fruits et pot de gingembre» mit einer Schätzung von 35 bis 55 Millionen Dollar. Die beiden weiteren Bilder sind das Stillleben «Quatre pommes et un couteau», welches auf 7 bis 10 Millionen Dollar geschätzt wird sowie die Landschaft «La mer à l’Estaque» (3 bis 5 Millionen), wie die «Neue Zürcher Zeitung» schreibt.
Für das Kunstpublikum und auch den internationalen Museumsrat ICOM erstmal ein Schlag ins Gesicht: «Wichtig ist, wenn man ein Objekt aussondert, muss das mit der Verantwortung passieren, dass es einen öffentlichen Vertrauensverlust nach sich ziehen kann», erklärt Sandra Sykora, Juristin und Kunsthistorikerin, auf Anfrage von ArgoviaToday. «Das Museum Langmatt und der Verkauf dieser Gemälde werden sicherlich künftig immer in Zusammenhang gebracht werden.» Eigentlich sollte doch die Kunst für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Verwehrt das Museum so nicht den Zugang?
Wo liegt das Problem?
Durch die Auktion kann das Museum Langmatt nicht mitbestimmen, wo oder bei wem die drei Gemälde von Cézanne schliesslich landen werden. Private Käufer oder Käuferinnen könnten die Gemälde ersteigern und im schlimmsten Fall zu Hause nicht öffentlich zugänglich lagern. Laut Sandra Sykora ist die Chance allerdings gross, dass die Gemälde dennoch in einem Museum ausgestellt werden können. «Wenn eine Privatperson diese Gemälde kauft, handelt es sich dabei um privates Eigentum und die Person kann mit den Objekten machen, was sie will. Dennoch gibt es sehr viele Gemälde in Museen, die von Privatpersonen als Leihgabe in Museen hängen und dies könnte sehr gut auch bei diesen Werken von Cézanne der Fall sein.»
Zwar sind so die Gemälde mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr in der Schweiz, doch sie könnten in anderen Museen ausgestellt und somit weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, wie Sykora sagt. Im Oktober finden an drei Wochenenden Vorbesichtigungstermine für Interessenten in Hongkong, London und Taipeh.
Weshalb überhaupt verkaufen?
«Würden wir die Gemälde nicht verkaufen, müssten wir Ende dieses Jahres schliessen», beteuert Markus Stegmann, Direktor des Museums Langmatt. Seit einigen Jahren hat das Museum zwei offene Baustellen: Zum einen müssen sie mit der Zeit gehen und einige Sanierungen vornehmen, zum anderen braucht die Stiftung Geld, um weiter bestehen zu können. Diese kommt für die Sanierung jetzt von der Stadt Baden, dem Kanton Aargau und Privatpersonen. Mit dem Betrag über 16 Millionen Franken wird im Museum Langmatt einerseits die Sicherheit optimiert, Wasserrohrleitungen ersetzt, andererseits entsteht für die Besuchenden ein Café, ein Lift für Gehbehinderte und einige interaktive Attraktionen.
Das Museum Langmatt in Baden zeigt Arbeiten des französischen Impressionismus von Künstlern wie Cassatt, Cézanne, Degas, Gauguin, Monet, Pissarro, Renoir und Sisley und gehört zu einem der renommiertesten Kunsthäuser der Schweiz, mit einer Auswahl von knapp 50 Gemälden.
Der Erlös aus den Meisterwerken von Cézanne fliesst in die langfristige Finanzierung der Stiftung. Stegmann rechnet damit, für die Bilder 40 Millionen Franken einzunehmen und so die Beständigkeit des Museums für die nächsten 80 Jahre zu sichern. «Dies ist keine Entscheidung, die wir in zwei Wochen getroffen haben. Wir haben uns diesen Verkauf lange überlegt und auch mit Experten gesprochen. Schliesslich haben wir uns dazu entschieden, die drei Gemälde zu verkaufen», so der Direktor weiter.
Kein Präzedenzfall
Die Versteigerung in New York soll allerdings im Rahmen eines einzigartigen Auktionsformats durchgeführt werden. Die drei Werke werden nacheinander ausgerufen und sobald der Fundraising-Betrag von 40 Millionen erreicht ist, wird kein weiteres Bild mehr versteigert.
Dieser Fall stosse jedoch auf Empörung, sagt Sykora. Laut der Kunsthistorikerin ist diese Debatte allerdings keine Neuheit. «Es ist so, dass es schon viele Fälle gab. Vielleicht nicht in der Schweiz, aber in den USA und in Grossbritannien ist es nichts Aussergewöhnliches.» Wichtig sei dabei, dass sich Museen durch den Verkauf der Gemälde nicht selbst bereichern, sondern den Erlös wieder in Gemälde oder das Museum investieren, sagt sie weiter.
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