Seit 23 Jahren tot

«Bedauern es zutiefst»: TCS versendet Werbebrief an verstorbenen 2-Jährigen

· Online seit 25.02.2023, 07:49 Uhr
«Wenn Werbung über Leichen geht», schreibt eine Aargauerin verzweifelt auf Twitter. Der Touring Club Schweiz (TCS) hat ihrem Sohn einen Werbebrief zugeschickt, obwohl er im Mai 2000 im Alter von zwei Jahren verstorben ist. Doch wie gelangte der Bub überhaupt auf die Adressliste vom TCS?
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Mit 1,5 Millionen Mitgliedern ist der Touring Club Schweiz, kurz TCS, der grösste Mobilitätsclub der Schweiz. Gerade Erwachsene erhalten regelmässig Post vom TCS. Auch eine Aargauerin fand kürzlich ein Schreiben im Briefkasten, es war an ihren Sohn adressiert. Einziger Knackpunkt: Der Bub ist seit rund 23 Jahren tot.

«Es zieht mir den Boden unter den Füssen weg»

Für die Frau aus der Region war der Brief ein regelrechter Schock. Ihr Kind hat sie im Mai 2000 verloren, als es gerade einmal zwei Jahre alt war. Bis heute prägt sie der Todesfall ihres Jungen. Dass der an ihren Sohn adressierte Brief die traumatischen Erinnerungen wieder hervorrief, ist somit verständlich. Auf Twitter äussert sie ihren Frust: «...aber auch noch daran erinnert zu werden, dass unser Sohn gestorben ist, macht mich so wütend und zieht mir den Boden unter den Füssen weg.»

Wie die Mutter ausserdem auf Anfrage ArgoviaToday berichtet, war es nicht das erste Mal, dass sie einen Brief an ihren verstorbenen Sohn zugeschickt bekam. «Im Dezember 2021 bekam ich bereits Werbung für ihn. Ich habe danach die entsprechende Firma angeschrieben. Nach ein paar Plattitüden wollte man den Adressbroker darüber informieren», erklärt sie. Funktioniert hat das anscheinend nicht. Bis heute ist es nicht klar, wie die Adresse dort landen konnte. Das treibt die Aargauerin bis heute um, wie sie sagt. Verständnis zeigte jedoch das Netz, jede Menge Twitter-User teilten der Mutter ihr Beileid mit.

«Wir wollen uns bei der Mutter entschuldigen»

ArgoviaToday hat den TCS auf den Vorfall angesprochen und wollte wissen, wie es zu diesem Fauxpas kommen konnte. Massimo Gonnella, Mediensprecher beim TCS, hebt hervor: «Die betroffene Familie wurde bereits vom TCS kontaktiert. Wir haben uns für diesen groben Fehler bei der Mutter entschuldigt. Wir bedauern es aufs Tiefste.» Das besagte Schreiben soll Mitte Februar als Teil einer Marketingkampagne an ungefähr 60‘000 Jugendliche im Alter zwischen 18 und 25 Jahren versendet worden sein, die nicht TCS-Mitglieder sind. Da der Sohn der betroffenen Aargauerin heute 25 Jahre alt wäre, wurde auch an seine Adresse ein Brief verschickt.

Wie zahlreiche andere Unternehmen aus der Schweiz bezog der TCS die Postadressen der Jugendlichen von einem Adressbroker. «Dieser stellt die Daten aus verschiedenen Quellen zusammen und prüft und korrigiert sie fortlaufend», so Gonnella. Trotz der Bemühungen des Brokers kann nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass verstorbene Personen auf der Liste aufgeführt werden. Gonnella beteuert: «Dieser Fehler ist leider im vorliegenden Fall aufgetreten.»

Mittlerweile soll die Adresse des im Jahr 2000 verstorbenen Buben vom TCS beim Adressbroker gemeldet worden sein. «Der Name dieser verstorbenen Person sollte damit aus dem Register entfernt werden.» Auf die Frage, weshalb verstorbene Personen überhaupt noch Werbebriefe erhalten, antwortet Gonnella: «In der Schweiz fehlt ein zentrales Sterberegister. Die Identifikation und Sperrung von verstorbenen Personen erfolgt über öffentliche Verzeichnisse und Quellen, wie beispielsweise der Schweizerischen Post.» Somit kann es in seltenen Fällen vorkommen, dass ein Todesfall nicht bekannt wird und diese Person entsprechend nicht aus dem Datenbestand entfernt werden kann.

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veröffentlicht: 25. Februar 2023 07:49
aktualisiert: 25. Februar 2023 07:49
Quelle: ArgoviaToday

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