Sanktion

Familie erhielt fast 740'000 Franken an Sozialleistungen

· Online seit 07.07.2023, 06:31 Uhr
738'497 Franken Sozialhilfe hat eine ausländische Familie im Kanton Aargau seit 2004 bezogen – und kann dennoch bleiben. Die Behörden sehen von einer Ausweisung des Ehepaars wegen «privater Interessen» ab. Eine Massnahme soll ihr Verhalten ändern.
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Das Aargauer Migrationsamt hat einem ausländischen Paar die unbefristete Niederlassungsbewilligung entzogen. Die zugewanderte Familie bezog seit 2004 insgesamt 738'497 Franken an Fürsorgeleistungen, wie die «Aargauer Zeitung» berichtet. Dies geht aus der Antwort des Regierungsrats auf einen SVP-Vorstoss hervor. Demnach hat das Paar kantonsweit am meisten Sozialhilfe bezogen. Die Kinder der sechsköpfigen Familie sind inzwischen volljährig.

Bei einer derart langen Sozialhilfeabhängigkeit stellt sich die Frage, ob ausländerrechtliche Massnahmen angezeigt sind. Das Ausländergesetz sieht grundsätzlich die Möglichkeit vor, den betreffenden Personen in solchen Fällen die Aufenthaltsbewilligung zu entziehen. So weit ging das kantonale Amt für Migration und Integration (Mika) nicht. Das Ehepaar wurde aber zurückgestuft. Im Juni 2020 hat das Amt die Niederlassungsbewilligung C widerrufen und ersatzweise eine Aufenthaltsbewilligung B erteilt. Mit einem Ausweis B dürfen sich Personen längerfristig in der Schweiz aufhalten. Ein Ausweis C ermöglicht den unbegrenzten Aufenthalt.

Verhältnismässige Massnahmen

Im konkreten Fall gewichteten die Behörden das persönliche Interesse an einem Verbleib in der Schweiz wegen der langen Aufenthaltsdauer sowie der familiären Situation höher als das öffentliche Interesse am Entzug der Aufenthaltsbewilligung, heisst es in der Antwort auf den SVP-Vorstoss.

Der Sozialhilfebezug erfolge häufig unverschuldet, so der Aargauer Regierungsrat auf die Fragen in der Interpellation. Auch erweise sich eine ausländerrechtliche Massnahme wegen überwiegender privater Interessen oft als nicht verhältnismässig.

Eine lange Aufenthaltsdauer und gute Integration in der Schweiz führen laut Regierungsrat dazu, dass Gerichte ein sehr hohes privates Interesse an einem weiteren Aufenthalt sehen. Ein noch grösseres öffentliches Interesse an einer Wegweisung sei «auch bei einem Sozialhilfebezug oft nicht gegeben, der deutlich über den genannten Schwellenwerten liegt». Weiter hält die Regierung fest, auch mildere Massnahmen müssten verhältnismässig sein und entsprechend geprüft werden.

«Massnahmen sollen eine Verhaltensänderung bewirken»

Der Schwellenwert liegt für Personen mit Aufenthaltsbewilligung B bei 25'000 Franken, wenn es um eine Verwarnung geht und bei 50'000 Franken, wenn ein Entzug der Bewilligung geprüft wird. Bei Personen mit Niederlassungsbewilligung C sind es 40'000 Franken (Verwarnung) und 80'000 Franken (Bewilligungsentzug).

Weiter hält die Regierung fest, auch mildere Massnahmen müssten verhältnismässig sein und entsprechend geprüft werden. «Grundsätzlich», so der Regierungsrat, «sollen die Massnahmen eine Verhaltensänderung bewirken.»

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(rag)

veröffentlicht: 7. Juli 2023 06:31
aktualisiert: 7. Juli 2023 06:31
Quelle: ArgoviaToday

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