Fricktal-Afrika

80 Störchlein sind in Möhlin geschlüpft – doch nun wird es für sie gefährlich

06.09.2022, 07:30 Uhr
· Online seit 06.09.2022, 06:08 Uhr
Die Storchenstation in Möhlin darf ein überaus erfolgreiches Jahr in die Buchhaltung eintragen: 39 Storchenpaare durften sich über Nachwuchs freuen. Doch die jungen Störche haben es nicht leicht: Der Weg vom Fricktal nach Afrika ist von zahlreichen Hindernissen geprägt.
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Nicht nur Menschen haben Beziehungsprobleme, sondern diese gibt es auch in der Tierwelt. Bei den jungen Storchpaaren tauchen sie auf, wenn es darum geht, ein Nest zu bauen. «Manchmal wird ein Horst am falschen Ort platziert», sagt Bruno Gardelli, Leiter der Storchenstation in Möhlin, gegenüber der «Aargauer Zeitung». «Schon ein Baum mit dünnen Ästen kann zum Verhängnis werden für die Brut eines jungen Paares.»

Vergangenes Jahr war der Sommer für die Störche in der Schweiz hart. Zu viel Regen erschwert den Jungtieren das Fliegenlernen, da es keinen warmen Aufwind gibt und das Wasser ihre Flügel schwer und träge macht. Ihr Gefieder ist ausserdem noch nicht warm genug, um sie vor der Kälte und Nässe zu schützen. Solche Konditionen führen oft zu Unfällen. Das Wetter darf hingegen auch nicht zu trocken sein, weil sonst die Nahrungssuche behindert wird.

Im Jahr 2022 wurden sechs junge Störchlein in der Storchenstation aufgepäppelt, darunter zwei, die aus dem Horst gefallen waren. Manchmal müssen verletzte Jungtiere auch in einem fremden Nest untergebracht werden. Dabei muss man darauf achten, dass das Junge etwa gleich gross ist wie die anderen im Nest. Sonst wird es eventuell benachteiligt beim Füttern. Gardelli sagt gegenüber der Aargauer Zeitung: «Sobald die Eltern das Futter abliefern, wird alles aufgefressen. Da wird nicht auf die Kleinen Rücksicht genommen. Wie man so schön sagt: De Schnäller isch de Gschwinder!»

Der letzte Jungstorch flog Ende August ab in den Süden. Doch nicht alle Störche ziehen fort: Einige bleiben im Winter hier. Sie streifen in der Region umher, am Rhein entlang, auf Feldern und in Bächen, auf der Suche nach Ungeziefer und Mäusen unter der Schneedecke. Manche Störche kommen auch wieder zur Station, um dort zu übernachten.

Die älteren Störche bleiben im Winter im Fricktal

Vor allem die älteren Störche bleiben zurück. Sie haben nicht die Energie, mit dem Nachwuchs in den Süden zu ziehen. Durch den Klimawandel werden unsere Winter immer milder, was zumindest für die Störche einen Vorteil darstellt – so finden sie genügend Futter. Ausserdem können Störche mehrere Tage ohne Nahrung überleben.

Auch in Kaiseraugst war 2022 ein gutes Jahr für die Störche. Urs Wullschleger berichtet: «Dieses Jahr zählten wir 40 Jungtiere aus 17 Bruten. Die meisten überlebten, es gab nur etwa vier Todesfälle.»

Nur etwa jeder zehnte Storch kehrt zur Fortpflanzung wieder in sein Brutgebiet zurück. Die restlichen Tiere verunglücken auf der Reise: Manche fressen giftige Abfälle, manche berühren eine Stromleitung, manche kollidieren mit einem Gebäude oder Fahrzeug. Doch so ist durch die natürliche – oder eher den Menschen verursachte – Selektion der Storchenbestand der Schweiz immer etwa gleich gross.

veröffentlicht: 6. September 2022 06:08
aktualisiert: 6. September 2022 07:30
Quelle: Aargauer Zeitung

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