40 Prozent und mehr

So viel teurer sind aus Deutschland importierte Bücher in Fricktaler Buchhandlungen

11.12.2023, 07:23 Uhr
· Online seit 11.12.2023, 07:11 Uhr
Viele Buchhandlungen gibt es nicht mehr im Fricktal und die noch bestehenden können sich dank einer Stammkundschaft halten. Doch der Einkaufstourismus macht auch vor der Literatur nicht halt. Denn ennet dem Rhein sind die ohnehin grossteils von dort stammenden Bücher eben deutlich billiger.
Hans Christof Wagner/Aargauer Zeitung
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In Schweizer und so auch in Fricktaler Buchhandlungen dürften etwa 80 Prozent des Sortiments von deutschen Verlagen stammen. Auf den Rückseiten der Cover sind die Europreise aufgedruckt. Aber die Kundinnen und Kunden können sie nur mit Mühe entziffern. Denn die Stellen sind überklebt – mit den Schweizer Preisetiketten.

Würde die Kundschaft einen Blick darunter werfen, würde sie merken, wie viel mehr sie bezahlen muss: Bis zu 40 Prozent, teils mehr, gegenüber dem für Deutschland gültigen Preis. Womöglich wäre es noch mehr, wäre der Euro nicht so schwach. Allein bei Büchern von Schweizer Verlagen liegt Deutschland preislich weniger weit vorne, teils sogar gleichauf.

Die Anzahl der Buchhandlungen im Fricktal lässt sich inzwischen an einer Hand abzählen. Die meisten wollen auf Anfrage sich nicht zu den Preisen und ihrer Kundschaft äussern. Aus Angst davor, sie ins grenznahe Ausland zu verlieren? Unklar. Andererseits: Dass auf der anderen Rheinseite so gut wie alles billiger ist, so auch Bücher, dürften die Leute wissen.

Fricktaler Buchhandlungen wollen aussen vor bleiben

Davon geht auch Ruth Keller von «Lichtblick» in Rheinfelden aus. Speziell an ihrer Buchhandlung in der Altstadt, abgesehen von der christlichen Ausrichtung: Sie und ihr Team arbeiten ehrenamtlich. Sie müssen keine Löhne erwirtschaften, sondern lediglich Miete und Nebenkosten. Das macht das Überleben leichter.

Dass, auch wenn das Gros der Bücher aus Deutschland importiert wird, sie in der Schweiz preislich nicht ohne Aufschlag verkauft werden können, dürfte einleuchten. Löhne, Ladenmiete, Nebenkosten – alles höher. Da muss einfach mehr Umsatz her. Andererseits: Mit dem Ende der Buchpreisbindung in der Schweiz 2007 sind die Händlerinnen und Händler grundsätzlich frei in der Wahl ihrer Lieferanten und in ihrer Preispolitik.

30 Prozent Schweizer Kundschaft

Die Fricktaler Buchhandlungen halten ihre Stammkundinnen und Stammkunden. Es sind die, die sich Literatur noch klassisch via lokaler Buchhandlung beschaffen. Und die anderen, die Tanja Messerli, Geschäftsführerin des Schweizer Buchhandels- und Verlagsverbands, die «Preissensitiven» nennt? Die habe der stationäre Schweizer Buchhandel schon lange vorher verloren.

Die kauften Bücher entweder zuhause, online, oder eben ennet der Grenze. Zum Beispiel bei der Buchhandlung Merkel in Rheinfelden/Baden, deren Anteil an Schweizer Kundschaft nach Angaben von Co-Inhaberin Patricia Merkel bei etwa 30 Prozent liegt. Sie vermutet zum einen die niedrigeren Preise als Motiv über den Rhein zu kommen. Wähnt aber auch die Beratung und das «familiäre Ambiente» als ausschlaggebend.

Wobei Fricktaler Buchhändlerinnen und Buchhändler da ähnlich argumentieren dürften. Vielleicht sind sie da näher an den Südbadenern dran, als sie denken – vereint gegen die grossen Player rechts- und links des Rheins, die Ketten und Online-Riesen.

Osiander-Kette mit 400-Quadratmeter-Filiale in Bad Säckingen

Eine Buchhandelskette, die süddeutsche Osiander, hat 2016 in Bad Säckingen eine 400-Quadratmeter-Filiale eröffnet. Was sie an Schweizer Kundschaft hat, will die örtliche Filialleitung zwar nicht kommunizieren. Aber sie dürfte mit der Lage im Einkaufstourismus-Hotspot «Beck Arkaden» beträchtlich sein.

Über bis zu 40 Prozent eidgenössische Kundschaft freut sich «Buch & Café Andelsbach» in Laufenburg/Baden, der Buchhandlung von Renata Vogt, deren Name dank Vogts grenzüberschreitendem Kulturengagement auch in der Schweizer Schwesterstadt ein Begriff ist.

Aber jetzt hört auch sie auf – 28 Jahre nach Gründung. Vogt geht davon aus, dass sich niemand findet, der den Betrieb weiterführt. Tanja Messerli dürfte für beide Seiten des Rheins sprechen, wenn sie sagt: «Mit dem Buchhandel wird niemand reich. Die Margen sind hauchdünn.»

veröffentlicht: 11. Dezember 2023 07:11
aktualisiert: 11. Dezember 2023 07:23
Quelle: ArgoviaToday

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