Die Tage werden kürzer, die «graue» Jahreszeit kommt zurück und mit ihr auch die schlechte Stimmung – so könnte man meinen. Doch was steckt hinter der Antriebslosigkeit und der vermeintlichen Traurigkeit, die einige Menschen im Herbst verspüren? Gemäss Antonia Kählitz, Leitende Ärztin Psychiatrische Dienste Aargau PDAG, handelt es sich dabei um die sogenannte «SAD», was nicht «sad» – also traurig in Englisch – bedeuten soll, sondern Saisonal Abhängige Depression. Im Volksmund oft Herbst- oder Winterdepression genannt.
«Stromsparmodus» war in der Steinzeit wichtig
Im Sommer werden wir mit Sonnenlicht geflutet, strotzen vor Energie und sind aktiv. Im Herbst ändert sich das. Wir bekommen weniger Vitamin D ab, was zu einem Mangel des Hormons Serotonin in unserem Gehirn führt. Doch genau dieses Hormon ist für unsere gute Stimmung zuständig. Das Glückshormon, wie es auch genannt wird, reguliert nämlich unsere Gemütslage und Emotionen.
In der dunklen Jahreszeit übernimmt jedoch das Hormon Melatonin die Überhand. Das Schlafhormon sorgt, wie es der Name schon verrät, für vermehrten und guten Schlaf. «In der Steinzeit war dieser ‹Stromsparmodus› durchaus eine sinnvolle Sache. Die Menschen haben sich als Vorbereitung für den Winter ein Fettpolster zugelegt und durch mehr Schlaf wurde Energie gespart. In der Evolution war das also ganz wichtig», erklärt Kählitz. Man könne das mit dem Winterschlaf einiger Tiere vergleichen. Heute sei das Aktivitätslevel des Menschen aber nicht mehr abhängig von den Jahreszeiten.
Eine normale Schreibtischlampe erzielt keine Besserung
Die saisonale Depression fühlt sich ähnlich an wie eine depressive Erkrankung, dennoch unterscheide sie sich aber in zwei Punkten von der «normalen» Depression. Während die saisonabhängige Depression eher zu einer Gewichtszunahme und dem Wunsch nach mehr Schlaf führe, seien die Symptome für eine «normale» depressive Erkrankung vor allem eine Gewichtsabnahme und Schlafstörungen, so die Expertin weiter.
Was die Gemütslage angeht, gäbe es aber durchaus Parallelen. So grüble man mehr über Sorgen und ein Freud- sowie Interessenverlust fänden statt. Ausserdem bestünden Konzentrationsstörungen, auch können negative Gedanken oder sogar Suizidgedanken auftreten.
Dagegen helfen könne zum Beispiel eine Lichttherapie: «Dafür gibt es eine spezielle Lampe. Wenn man sich jeden Morgen davorsetzt, kann das sehr hilfreich sein», sagt Antonia Kählitz. «Eine normale Schreibtischlampe bringt aber nichts.» Denn diese liefern zu wenig Lux, wie die Einheit für die Beleuchtungsstärke genannt wird. Ansonsten empfiehlt Kählitz Spaziergänge in der Natur, Sport, die Zufuhr von Vitamin D und mit Leuten darüber zu reden, denen es ähnlich geht.
(crb)