Bezirksgericht Lenzburg

«Meine Frau ist gefahren»: Vater fährt betrunken in Mauer bei McDonalds

· Online seit 09.03.2023, 07:19 Uhr
Im Juli 2021 ist ein 38-Jähriger mit seiner Familie in eine Stützmauer bei McDonalds gefahren und ist stecken geblieben. Anschliessend ging es für einen Snack in die Filiale. Gegenüber den Behörden gaben sie an, dass die Frau hinter dem Steuer sass. Glauben wollte das Bezirksgericht Lenzburg dies nicht – und urteilt streng.
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Der Angeklagte und seine Familie sind im Juli 2021 in Schafisheim mit einem Audi in entgegengesetzter Richtung in den McDrive einer McDonalds-Filiale gefahren und kam auf einer Stützmauer des angrenzenden Parkplatzes zum Stehen. Dass ihr Wagen falsch geparkt war, fiel dem Vater nicht auf. Kurzerhand ist die Familie in die Filiale gegangen, um sich dort zu verpflegen. Neben einer Überwachungskamera wurde das Szenario auch von einer Drittperson mitverfolgt, welche sofort die Polizei alarmierte. Als diese eintraf, artete die Situation allerdings aus. Der 38-Jährige wehrte sich mit Händen, Füssen und Worten gegen eine Festnahme.

Ehepaar wurde vor Gericht geladen

Am Mittwochmorgen mussten sich die Eheleute vor dem Bezirksgericht Lenzburg verantworten. Dem Mann wurde unter anderem vorgeworfen, dass er gegen die Polizei sowohl körperlich als auch verbal aggressiv wurde und auch Gewalt anwendete, in mehreren Punkten gegen das Verkehrsgesetz verstiess, eine Falschaussage machte und sich weigerte, einen Blut- und Alkoholatemtest zu machen.Von seiner Ehefrau fehlte vor Gericht allerdings jede Spur. Grund: «Meine Frau ist arbeitsunfähig und besitzt dafür ein Zeugnis», so der Angeklagte. Dies liess der Richter jedoch nicht als Entschuldigung durchgehen, um nicht an der Verhandlung teilnehmen zu müssen. Und das dies Konsequenzen für die Frau haben werde.

Laut Aussage des Angeklagten kam die vierköpfige Familie von einer Hochzeit, bevor sich der Vorfall in Schafisheim ereignete. Dort sei auch reichlich Alkohol geflossen, wie er gegenüber des Richters zugab. Dass war auch den beiden Polizisten der Kantonspolizei Aargau sofort bewusst, als sie die Familie vor Ort antrafen. «Uns fiel schnell auf, dass sich der Mann in einem alkoholisierten Zustand befand. Er war orientierungslos und hatte starke Stimmungsschwankungen», sagte der Polizist vor Gericht aus. Ein Atemalkoholtest ergab, dass der 34-jährige Syrier zwei Promille im Blut hatte.

Infolgedessen forderten die beiden Polizisten vor Ort die Eheleute auf, sich auszuweisen. Dieser Aufforderung ging die Frau ohne Weiteres nach, der Beschuldigte jedoch führte weder Ausweispapiere noch ein Portemonnaie mit sich. «Als wir seine Personalien aufnehmen wollten, verhielt sich der Angeklagte zunehmend aufbrausend und schrie uns an. Er hat uns ständig als Hurensöhne bezeichnet», so der Polizist gegenüber dem Richter. Während der Fahrt zum Stützpunkt in Schafisheim soll sich der Angeklagte weiterhin renitent verhalten haben. Doch der Angeklagte ging noch einen Schritt weiter: «Er spuckte einige von uns auf dem Revier an», gibt der Polizist weiter zu Protokoll.

Sein Verhalten schien dem Angeklagten nach den Zeugenaussagen der Polizisten vor Gericht unangenehm gewesen zu sein. Als die Polizisten den Saal verlassen wollten, drehte sich der Angeklagte zu ihnen und sagte: «Ich will mich bei Ihnen entschuldigen. Mein Verhalten war unangemessen und für alle unangenehm.» Alle Beteiligten haben sich daraufhin die Hand gegeben.

Trotz Beweisbilder will der Angeklagte nicht gefahren sein

Die Überwachungsbilder wurden am Mittwoch vor Gericht gezeigt. Darauf ist klar zu sehen, wie der Angeklagte auf der Fahrerseite des Audis ausstieg. Das Überwachungsvideo lief noch im Hintergrund, als der Richter den Angeklagten fragte, wer das Fahrzeug in der Tatnacht gelenkt habe. Der Angeklagte sagte daraufhin: «Meine Frau sass hinter dem Steuer.» Dies gaben er und seine Frau bereits vor Ort im Juli 2021, als die beteiligten Polizisten ihre Aussagen aufnahm. Auf die Nachfrage, ob die Polizei, die Staatsanwaltschaft oder auch die Drittperson lügen würden, wollte der 38-Jährige nicht eingehen. Viel mehr machte der Angeklagte dem Richter deutlich, dass das Video von McDonalds nicht verwertbar sei. Es könne nicht bewiesen werden, dass er das Fahrzeug gelenkt habe. «Ich weiss, dass ich an diesem Abend nicht einfach war. Jedoch waren die Polizisten viel zu streng mit mir. Ich finde, dass das ganz und gar nicht geht.» Auch warf der Angeklagte den Polizisten vor: «Ich war besoffen und das haben sie ausgenutzt.» Das der Arzt in der Zelle nach einer Blutprobe fragte, war gemäss dem Angeklagten nicht der Fall. Der Angeklagte vertrat sich vor Gericht selbst und forderte in allen Punkten einen Freispruch.

Gericht urteilt strenger als die Staatsanwaltschaft forderte

Der Richter ging hart mit dem Angeklagten ins Gericht und urteilte strenger, als die Staatsanwaltschaft in ihrem Antrag forderte. Gegenüber dem Angeklagten sagt er: «Sie haben sich überhaupt nicht einsichtig gezeigt.» So erhöhte er die Tagessätze von 150 auf 180 zu je 100 Franken. Davon abgezogen wird ein Tag, den er in Untersuchungshaft verbringen musste. Damit kommen auf den Angeklagten eine Geldstrafe in Höhe von 17'900 Franken zu. Weiter muss er eine Busse von 500 Franken zahlen, plus die Verfahrenskosten. Auch seine Frau, welche unentschuldigt abwesend war, trifft das Urteil hart. Sie muss den Strafbefehl akzeptieren: eine bedingte Geldstrafe von 2100 Franken, 500 Franken Busse sowie die Strafbefehlsgebühr von 800 Franken. Beide können ihr Urteil innert 30 Tagen anfechten.

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veröffentlicht: 9. März 2023 07:19
aktualisiert: 9. März 2023 07:19
Quelle: ArgoviaToday

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