Strafbefehl

Mann schlägt auf Ehefrau ein – «Oft müssen Opfer die Busse abstottern»

22.03.2023, 14:11 Uhr
· Online seit 22.03.2023, 06:14 Uhr
Ein 28-jähriger Mann hat während einer Autofahrt mehrere Male auf den Hinterkopf seiner Ehefrau geschlagen. Dabei handelte es sich laut einem Strafbefehl nicht um einen einmaligen Ausraster, der 28-Jährige soll ein Wiederholungstäter sein. Eine Expertin der Opferberatung Aargau erläutert.
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Anfang Dezember 2022 kam es zwischen einem Ehepaar im Bezirk Muri zu einer verbalen Auseinandersetzung. Im Verlaufe des Streitgespräches kam es laut einem Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Aargau zu Tätlichkeiten. So habe der 28-jährige Ehemann auf seine Frau eingetreten und sie mit beiden Händen von sich weggestossen. Die Frau wurde während des Vorfalles körperlich nicht verletzt. Wie aus dem Strafbefehl zu entnehmen ist, soll es sich dabei nicht um den einzigen Vorfall gehandelt haben.

Der Mann war ein Wiederholungstäter

Rund eine Woche später ereignete sich bereits der nächste Vorfall. Dieser begann ebenfalls mit einer verbalen Auseinandersetzung zwischen dem Beschuldigten und seiner Ehefrau. Während sich die Eheleute in ihrem Auto auf dem Nachhauseweg befanden – die Frau sass am Steuer – kam es zu einem verbalen Disput zwischen den beiden. Auch dieser artete laut dem Strafbefehl aus: Kurz vor ihrem Wohnort schlug der Beschuldigte seiner Ehefrau vier bis fünf Mal mit der Faust auf den Hinterkopf. In der Tiefgarage angekommen, begab sich der Beschuldigte umgehend zur geöffneten Fahrertür und schlug seiner Ehefrau mehrere Male mit der flachen Hand ins Gesicht. Danach packte er ihren Kopf mit beiden Händen und versuchte, sie aus dem Auto zu zerren.

Die Ehefrau des 28-Jährigen erlitt während des Vorfalles Platzwunden sowie mehrere Kratzer, unter anderem einen in der Grösse einer 5-Rappen-Münze hinter dem Ohr. Der Mann wurde laut dem Strafbefehl wegen wiederholten Tätlichkeiten gegenüber seiner Ehegattin verurteilt. Er muss nun eine Busse von 500 Franken sowie eine Gebühr von ebenfalls 500 Franken bezahlen.

Opferberatungsstelle bietet immer Unterstützung

Häusliche Gewalt ist laut Susanne Nielen, Sozialarbeiterin bei der Opferberatung Aargau, keine Seltenheit. So hat die Opferberatung Aargau im Jahr 2021 insgesamt 1922 Personen beraten, rund 40 Prozent davon waren von partnerschaftlicher Gewalt betroffen. Die meisten waren Frauen. «Bei uns ist der Anteil an Männern, welche Opfer von häuslicher Gewalt werden, sehr klein. Er beträgt deutlich unter 10 Prozent.» Es gibt allerdings eine hohe Dunkelziffer.

Die Gründe, warum Menschen in einer Beziehung gewalttätig werden, sind unterschiedlich. «Oftmals kommt es zur häuslichen Gewalt aufgrund von Besitzdenken und Machtgefühlen, patriarchalischem Denken sowie einem hohen Stresslevel», so Nielen. Nur schwer kann man erkennen, ob es sich bei einer Person um jemanden handelt, welcher im Laufe der Beziehung die Hand gegen seine Partnerin oder seinen Partner erhebt. «Es steht niemandem ins Gesicht geschrieben, dass eine Person gewalttätig ist. Niemand würde sich freiwillig und im vollen Wissen auf so eine Beziehung einlassen. Aber oftmals haben die gewaltausübenden Personen zwei Gesichter.»

Sich als Opfer aus solch einer Partnerschaft zu lösen, fällt den Betroffenen alles andere als leicht. Die Gründe dafür können laut Nielen vielfältig sein: «Oft spielen die gemeinsamen Kinder eine Rolle oder aber auch die Hoffnung, dass sich die Beziehung doch noch zum Besseren wendet.» Weiter zählt Nielen die ökonomische Abhängigkeit und Gefühle auf, welche doch noch vorhanden sind. Nielen ist es wichtig, dass sich die Opfer von häuslicher Gewalt bewusst sind, dass sie immer die Möglichkeit haben, sich bei der Opferhilfe Unterstützung und Beratung zu holen.

Im oben geschilderten Fall beläuft sich die Busse des 28-jährigen Mannes auf 500 Franken. Das klingt nach wenig, macht die Sache laut Nielen aber schwierig: «Eine Busse belastet meist das Familienbudget. Oftmals müssen sogar die Frauen die Busse abstottern.» Sie würde stattdessen Lernprogramme oder andere Massnahmen begrüssen. Diese Möglichkeiten würden jedoch von der Staatsanwaltschaft immer noch zu wenig genutzt.

veröffentlicht: 22. März 2023 06:14
aktualisiert: 22. März 2023 14:11
Quelle: ArgoviaToday

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