No Show in der Praxis

Patienten lassen Arzttermine unentschuldigt sausen – das kann teuer werden

· Online seit 19.09.2023, 09:05 Uhr
Patientinnen und Patienten, die ihre Termine ohne Bescheid zu geben nicht wahrnehmen, sind in Deutschland ein Problem. Doch auch im Aargau kommt dies regelmässig vor. Ein Aargauer Arzt berichtet von seinen Erfahrungen.
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Im Saarland wurden von April bis Juni 2023 mehr als 44'000 Arzttermine ohne Absage nicht wahrgenommen, schreibt die «Badische Zeitung». Dabei wurden 1300 Praxen befragt, wovon bloss 478 geantwortet haben. Hochgerechnet würde die Zahl der «No Shows» fast 120'000 betragen.

Wie sich zeigt, ist das nicht Wahrnehmen von Arztterminen ohne Absage auch ein Problem im Aargau. Gemäss Stefan Steiner, Facharzt FMH für allgemeine innere Medizin im Doktorzentrum Wettingen und Mitglied des Aargauer Ärzteverbandes, gab es in seiner Praxis rund 100 No Shows in derselben Zeitperiode. Pro Monat ergibt das knapp über 30 und an einem Tag zwischen null bis fünf unentschuldigt verpasste Termine.

Das Problem dabei ist, dass Termine vergeben werden, welche andere Patienten nutzen könnten, das bringe die Planung durcheinander. «In einer Hausarztpraxis, wo immer viel läuft, ist ein Termin, der mal ausfällt, nicht allzu schlimm. Es gibt immer etwas, was man machen kann, auch wenn diese Zeit für eine Pause genutzt wird», sagt Steiner gegenüber ArgoviaToday. Aus wirtschaftlicher Sicht sei es aber trotzdem ein finanzieller Ausfall, insofern der Termin nicht anderweitig weitergegeben werden könne.

Darum passieren No Shows

Aus den eigenen Erfahrungen mit den Patienten erzählt Steiner, dass die Gründe für das Schwänzen eines Termins unterschiedlich seien und nicht per se pauschalisiert werden könnten. Es gebe Fälle, in denen Patienten ihren Termin aus Versehen an einem falschen Datum notieren und sich im Nachhinein entschuldigten. Andererseits gibt es laut Steiner auch diejenigen, welche die Notwendigkeit nicht sehen, sich abzumelden. «Ich habe das Gefühl, dass in gewissen Fällen eine Art Konsumhaltung vorhanden ist. Man vereinbart einen Termin auf Vorrat, damit man diesen brauchen kann, wenn man ihn braucht, und wenn nicht, geht man halt einfach nicht», sagt Steiner. Es sei aber auch schon passiert, dass Patientinnen oder Patienten im Spital waren und der damit überflüssige Termin in der Arztpraxis nicht gestrichen wurde.

So sieht die Situation aus rechtlicher Sicht aus

Wer einen Termin beim Arzt oder Zahnarzt vereinbart, erteilt einen Auftrag, denn rechtlich gesehen handelt es sich beim Arzt-Patienten-Verhältnis um ein Auftrags-rechtliches Verhältnis, das den Bestimmungen des Obligationenrechts untersteht. Wie bei jedem anderen vertraglichen Verhältnis kann auch ein Arzttermin zurückgezogen werden, insofern dies rechtzeitig erfolgt.

Eine gesetzliche Definition, ab wann eine Absage als rechtzeitig oder unzeitig erfolgt, gibt es jedoch nicht. Grundsätzlich gelten jedoch Terminabsagen als rechtzeitig abgesagt, wenn die Praxis den Termin anderweitig vergeben kann und dadurch keine finanziellen Schäden entstehen. Zusätzlich ist auf den Terminkärtchen meistens vermerkt, innerhalb welcher Zeitspanne ein Termin abgesagt werden kann.

Verpasste Termine können ins Geld gehen. Gemäss dem «Ktipp Rechtsschutz» muss man für den finanziellen Schaden aufkommen, welcher der Praxis entstanden ist. Von einem finanziellen Nachteil ist jedoch erst die Rede, wenn am verabredeten Termin kein anderer Patient oder Patientin behandelt werden kann.

veröffentlicht: 19. September 2023 09:05
aktualisiert: 19. September 2023 09:05
Quelle: ArgoviaToday

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