Pflegenotstand

So will der Kanton die Pflegeinitiative umsetzen

06.07.2023, 21:27 Uhr
· Online seit 06.07.2023, 21:27 Uhr
Der Regierungsrat will mit finanziellen Anreizen dafür sorgen, dass mehr Pflegefachpersonen ausgebildet werden, und so dem Fachkräftemangel begegnen. Unterstützt werden sollen Spitäler, Höhere Fachschulen und Studierende. Über einen Zeitraum von acht Jahren kostet dies den Kanton höchstens 77 Millionen Franken.
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Am 28. November 2021 wurde die Pflegeinitiative vom Volk deutlich angenommen. Sie soll nun in zwei Etappen umgesetzt werden. Im ersten Teil wird der Fokus auf die Ausbildungsoffensive des Fachpersonals gelegt, in einer zweiten Phase werden Forderungen wie bessere Arbeitsbedingungen, fairere Löhne und die berufliche Entwicklung von Bund und Kantonen angegangen.

Im vergangenen Mai gingen schweizweit wieder Pflegekräfte auf die Strasse, um sich für eine schnelle Umsetzung der Pflegeinitiative einzusetzen. Auch in Aarau gab es eine Kundgebung für bessere Arbeitsbedingungen. Zuvor kritisierte die Sektion Aargau-Solothurn des Schweizer Berufsverbands der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK), der Startschuss für die Umsetzung der Initiative sei zu spät gefallen.

Investitionen in Spitäler, Schulen und Studierende

Nun legt der Regierungsrat seine Pläne für die Umsetzung der sogenannten Ausbildungsoffensive vor, die Mitte 2024 starten soll, wenn das Bundesgesetz dazu in Kraft tritt. Dafür muss der Kanton Aargau in die Ausbildungsbetriebe (zum Beispiel Spitäler), in die Fachhochschulen (FH) sowie Höhere Fachschulen (HF) und in die Studierenden investieren.

  • Der Kanton muss mindestens die Hälfte der ungedeckten Ausbildungskosten der Gesundheitsinstitutionen vergüten, also jene Kosten, die nicht über die obligatorische Krankenversicherung gedeckt sind. Deshalb sollen Spitäler, stationäre Pflegeeinrichtungen, Spitex-Organisationen und ambulante Pflegeeinrichtungen neu eine zweckgebundene Finanzierung für die erbrachte Ausbildungsleistung erhalten. Finanzielle Unterstützung vom Kanton erhalten alle Institutionen, die sich an der praktischen Ausbildung von Pflegefachkräften beteiligen. In der Anhörung können sich Parteien, Verbände und Anbieter äussern, ob der Kanton alle Ausbildungskosten oder nur die Hälfte dieser übernehmen soll. Ausserdem können die Betriebe Beiträge an Projekte, die die Qualität der Ausbildungen in der Pflege oder die Innovation im Bereich Ausbildung fördern, beantragen.
  • Als zweite Massnahme muss der Kanton Förderbeiträge an Studierende im Bildungsgang Pflege HF oder im Studiengang in Pflege FH richten, um deren Lebensunterhalt zu sichern. Die genauen Kriterien für den Anspruch auf Fördermittel könnten noch nicht abschliessend definiert werden, weil dafür noch die dazugehörende Bundesverordnung fehle, heisst es in der Mitteilung.
  • Drittens muss der Kanton Beiträge an die Höhere Fachschule entrichten, damit die Zahl der Abschlüsse erhöht werden kann. In der Anhörung stellt der Regierungsrat folgende drei Varianten zur Diskussion: 1) Verzicht oder Reduktion der Studiengebühren (derzeit 500 Franken pro Semester), 2) Umsetzung eines neuen Teilzeitmodells, 3) Finanzierung von Massnahmen, die eine Reduktion von Ausbildungsabbrüchen und eine Erhöhung der Abschlussquote bezwecken. 

Der Bund finanziert die Hälfte der Ausbildungsoffensive

Der Bund stellt den Kantonen für die Umsetzung dieser drei Massnahmen insgesamt 469 Millionen Franken über acht Jahre zur Verfügung. Doch er beteiligt sich nur bis zur Hälfte an den Kosten. Deshalb benötigt der Kanton Aargau einen Verpflichtungskredit von 77 Millionen Franken, ebenfalls über acht Jahre.

Die Anhörung zur Umsetzung der Ausbildungsoffensive im Aargau dauert vom 6. Juli bis zum 8. September 2023. Gut zwei Monate haben Parteien, Verbände und Gesundheitsinstitutionen damit Zeit, sich zu den Plänen der Regierung zu äussern. Nach der Anhörung wird der Regierungsrat eine entsprechende Botschaft zuhanden des Grossen Rats ausarbeiten.

(Aargauer Zeitung / Felix Ott)

veröffentlicht: 6. Juli 2023 21:27
aktualisiert: 6. Juli 2023 21:27
Quelle: Aargauer Zeitung

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