Nicht gesetzeskonform

Bund rüffelt SBB & Co. für zu strenge E-Ticket-Kontrollen

21.12.2023, 14:32 Uhr
· Online seit 21.12.2023, 13:01 Uhr
Wer nur wenige Sekunden zu spät ein ÖV-Ticket löst, fährt schwarz – dieses Vorgehen kritisiert das Bundesamt für Verkehr (BAV). Nun soll der Umgang gelockert werden.
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In den Zug gehuscht und einen Sitzplatz gesucht, der Zug fährt los und plötzlich merkt man: Das Ticket fehlt noch! Also schnell in der App noch das Billett nachlösen – und dennoch gilt man so als Schwarzfahrer oder Schwarzfahrerin. Egal ob die Person dies absichtlich gemacht hat oder ob das Problem ein schlechter Handyempfang war.

Bei einem Lesereporter war beispielsweise letzteres der Fall: Eines Abends wollte er mit dem Tram in Bern bei der Haltestelle «Zytglogge» einsteigen. Als das Tram an der Haltestelle ankam, war die SBB-App noch nicht mit der Verarbeitung des Kaufprozesses fertig. «Ich sagte dem Kontrolleur im Tram, dass ich gerade die App offen habe und das Ticket löse – er hat mir sogar dabei über die Schultern geschaut».

Die Türe schliesst sich, die App zeigt den fertigen QR-Code an. Der Kontrolleur sagt «ist aber zu spät» und bittet zur Kasse. Als der Lesereporter sich wehren wollte, wurde ihm prompt mit dem Sicherheitsdienst gedroht. «Da blieb mir nichts anderes übrig, als die 100 Franken zu zahlen».

Kritik vom Bund

Solch ein Vorgehen, wie es auch andere ÖV-Unternehmen wie die SBB praktizieren, kritisiert nun das Bundesamt für Verkehr (BAV). Gemäss der Behörde ist dieses nicht mit dem Personenbeförderungsgesetz vereinbar. Marcel Hepp, stellvertretender Leiter der Sektion Recht im Bundesamt für Verkehr, kündigt gegenüber den Tamedia-Zeitungen an: «Aliance Swiss Pass wird demnächst von uns ein Schreiben erhalten, mit dem wir darauf hinwirken, dass es nicht länger zu solchen Fällen kommt.»

Laut den Tarifbestimmungen T600 von Alliance Swiss Pass, die 75 Seiten umfassen, dürfen Zugbegleiterinnen und -begleiter keine Nachsicht zeigen und müssen hart bleiben. Egal ob kein Ticket oder ein zu spätes Ticket, denn: «Die Kundinnen und Kunden müssen vor Antritt der Reise (tatsächliche Abfahrt des Kurses) im Besitz des E-Tickets sein.»

Auch die lokalen Transportunternehmen, beispielsweise in Bern der RBS, halten sich an die Regeln der Alliance Swiss Pass: 

Alliance Swiss Pass möchte sich auf Nachfrage der Today-Redaktion nicht weiter dazu äussern: «Wir warten den Erhalt des Schreibens des Bundesamts für Verkehr ab und werden danach wieder Stellung beziehen», teilt Sprecher Reto Hügli mit.

veröffentlicht: 21. Dezember 2023 13:01
aktualisiert: 21. Dezember 2023 14:32
Quelle: Today-Zentralredaktion

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